Das „Nicht-Gesicht“ ist universell
Um nach Gesichtsausdrücken mit universeller Bedeutung zu suchen, setzten die Forscher um Aleix Martinez von der Ohio State University 158 Studierende vor eine Kamera und ließen sie Gespräche in ihrer Muttersprache mit jemandem hinter der Kamera führen. Die Gespräche fanden auf Englisch, Spanisch, Mandarin oder in amerikanischer Gebärdensprache statt.
Zur Studie
„The not face: A grammaticalization of facial expressions of emotion“ Cognition, Mai 2016.
Grammatik im Gesicht
Die Wissenschaftler suchten nach Gesichtsausdrücken, die als „grammatikalische Marker“ fungieren, also die Bedeutung eines Satzes bestimmen. Ein solcher Marker ist zum Beispiel das Wort „nicht“ im Satz „Ich gehe nicht zur Party“. Ohne das „nicht“ ändert sich die Bedeutung des Satzes komplett.
Um die gewünschten Reaktionen auszulösen, befragte das Team die Studierenden zu ihrer Meinung beispielsweise zu Aussagen wie „Eine Studie hat gezeigt, dass Studiengebühren um 30 Prozent erhöht werden sollten.“ Die Probanden drückten daraufhin ihre Ablehnung aus.
Die Forscher durchforsteten die Aufnahmen anschließend mittels eines Algorithmus Bild für Bild, um Muskelbewegungen zu identifizieren, die bei allen Probanden gleichermaßen mit Verneinung beziehungsweise Ablehnung einhergingen. Das Resultat war eine Mimik, die sie das „Nicht-Gesicht“ tauften.
Dabei stellten sie auch fest, dass sich die Gesichtsmuskeln in der gleichen Frequenz zum „Nicht-Gesicht“ verziehen, in der wir auch sprechen. Wir nutzen den Gesichtsausdruck also instinktiv als Teil der Sprache.
Teil der Gebärdensprache
Erstaunlicherweise nutzten einige der Probanden, die mit Gebärden sprachen, den Gesichtsausdruck als Ersatz für die „Nicht“-Geste oder ein Kopfschütteln. Damit dokumentierten die Forscher erstmals eine dritte Vokabel für „nicht“ in der amerikanischen Gebärdensprache, so die Mitteilung.
Die Wissenschaftler konzentrierten sich bei ihrer Suche nach universeller Mimik auf negative Gefühle, weil sie sich dabei die höchsten Erfolgschancen versprachen. Charles Darwin glaubte, dass die Fähigkeit Gefahr oder Aggression zu kommunizieren essenziell für das menschliche Überleben war, lange bevor unsere Vorfahren die Fähigkeit zu sprechen erlangten, so Martinez.
science.ORF.at/APA/sda