Mitauslöser von Krieg und Gewalt

Mehr als 65 Millionen Menschen befinden sich derzeit weltweit auf der Flucht, meist vor Krieg und Gewalt. Eine der Wurzeln für solche Konflikte kann laut Forschern auch der Klimawandel sein. Angesichts steigender Temperaturen heiße es nun: handeln.

Beim Krieg in Syrien denken die meisten Menschen wohl nicht an den Klimawandel. Dennoch gibt es eine - durch eine Studie belegte - Verbindung. Denn die ersten kriegerischen Handlungen gab es in der Provinz Daraa, einer Region im Südwesten des Landes, in der das Klima ab der Jahrtausendwende extremer wurde und in der schwersten Dürre seit Beginn der Aufzeichnungen gipfelte. Zwischen 2007 und 2010 wurden die Ernten vernichtet, tausende Menschen flohen vor dem Hunger in die Städte, wo die Spannungen zunahmen, bis das Gemisch aus sozialen Konflikten und politischer Unterdrückung eskalierte.

Syrien und Dafur

Eine ähnliche Situation gab es auch zwei Jahrzehnte vorher in der Provinz Darfur im Sudan, wo ausbleibender Regen ebenfalls zu Ernteausfall und Hunger geführt hat und 2003 ein blutiger Bürgerkrieg ausbrach, in dessen blutiger Bilanz 200.000 Tote und zwei Millionen Vertriebene stehen.

„The Darfur conflict began as an ecological crisis, arising at least in part from climate change“, hat 2007 UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in der „Washington Post“ geschrieben, und darin stimmt auch der Großteil der Klimaforschung zu.

Ein Faktor der Eskalation

„Die Dürren in Syrien und Dafur waren ein Faktor, der die Eskalation gefördert hat“, sagt etwa Manfred Stock vom Institut für Klimafolgenforschung in Potsdam, der beim Oberösterreichischen Umweltkongress in Linz referiert hat. Der Begriff „Klimaflüchtlinge“ ist in der Wissenschaft umstritten, weil Flucht nie nur einen einzigen Grund hat. Aber, so Manfred Stock, der Klimawandel könne mit ausschlaggebend sein, wenn „die Ernährung durch die Folgen des Klimawandels nicht mehr gesichert ist oder es zu Wetterextremen kommt.“

Ö1 Sendungshinweis:

Über „Klimaflüchtlinge“ berichtete „Wissen Aktuell“, am 22.6.2016.

Allein 2015 haben laut einer Statistik des International Displacement Monitoring Center knapp 15 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen, weil Überschwemmungen, Hitze oder Muren ihre Lebensgrundlagen zerstört haben.

Mehr Geld für Projekte

Ein Kennzeichen dieser vom Klima mitbedingten Fluchtbewegungen ist es, dass die Menschen meist nahe ihrer Heimat bleiben. Für Klimaforscher Manfred Stock ist die internationale Staatengemeinschaft deshalb in zweierlei Hinsicht gefragt: „Das eine ist die Vorsorge in Gegenden, die besonders von klimabedingten Katastrophen betroffen sind. Dort muss man Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel machen, aber auch erneuerbare Energieformen fördern. Und das zweite ist, dass wir international mehr Hilfe leisten müssen, wenn Katastrophen eintreten.“

Der für diese Zwecke gegründete, von den Industriestaaten finanzierte „Green Climate Fund“, in den die Industriestaaten einzahlen, sei nur ein erster Schritt, so Stock: „Ich nehme an, dass er besser dotiert wird, wenn die Dringlichkeit richtig bewusst wird.“

Elke Ziegler, science.ORF.at

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