China: Erster Quantensatellit startet

China schickt den ersten Quantenkommunikationssatelliten ins All. Mitte August startet die Mission „Quantum Experiments at Space Scale“ (QUESS). Gemeinsam mit Wiener Physikern soll erstmals Quantenkommunikation zwischen Weltraum und Erde getestet werden.

China sei bereit, als erstes Land verschlüsselte Information aus dem Weltall zu senden, die nicht abgehört werden kann, verkündete Ende Mai das chinesische Staatsfernsehen CCTV in einem Beitrag über den Satelliten. Ursprünglich war der Start für 23. Juli vorgesehen, wurde dann aber auf Mitte August verschoben.

Abhörsichere Verbindung

Mit Hilfe quantenphysikalischer Phänomene sollen kryptographische Schlüssel vom Satelliten zu Bodenstationen auf der Erde übertragen und damit ein Modell für vollständig abhörsichere Datenverbindungen über bisher unerreichte Distanzen geschaffen werden. Gleichzeitig wären dies „entscheidende Schritte in der Entwicklung eines künftigen Quanteninternets“, sagte der Wiener Experimentalphysiker und Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Anton Zeilinger.

Empfangsstation für Quantensatellit

APA/ÖAW/KLAUS.PICHLER

Empfangsstation in Wien

Projektleiter Pan Jian-Wei, der bei Zeilinger an der Uni Wien promoviert hat, beschreibt die Methode als „revolutionär“: „Quanten-kodierte Information ist völlig sicher, selbst die besten Computer können das nicht knacken“, sagte Jian-Wei in dem CCTV-Beitrag. Im Bestreben, sich mit dieser Technologie vor Cyberkriminalität zu schützen, soll QUESS Teil eines Quanteninformationsnetzwerks sein, das derzeit über 2.000 Kilometer von Peking bis Shanghai läuft. China plant zudem in weiterer Folge ein Quanten-Satellitensystem, um bis 2030 damit rund um den Planeten kommunizieren zu können.

Suche nach Antworten

Mit der Mission sollen aber auch fundamentale quantenphysikalische Fragestellungen geklärt werden. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung, von Albert Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnet, auch über größere Distanzen aufrecht bleibt.

Bei der Verschränkung bleiben zwei Teilchen, etwa Photonen, über beliebige Distanzen miteinander verbunden. Was immer man mit einem Teilchen tut, beeinflusst scheinbar augenblicklich auch den Zustand des anderen Teilchens. Könnte man zwei Spielwürfel verschränken, wüsste man bis zur Messung nicht, welche Augenzahl sie zeigen. Nach der Messung würde aber mit Sicherheit bei beiden die gleiche - zufällige - Seite nach oben zeigen.

Tatsächlich messen die Physiker an einem der zwei verschränkten Lichtteilchen die Richtung, in der es schwingt (Polarisation). Im Augenblick der Messung hat damit auch das andere Teilchen diese Polarisation. Dieses mit dem Erfahrungshorizont des Alltags kaum nachvollziehbare Phänomen kann man zur Übertragung von Schlüsseln verwenden.

Weniger Störungen im All

Zeilinger und sein Team haben die Distanzen der Verschränkung in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter ausgedehnt. Nach Tests im Labor schickten sie verschränkte Photonen durch Kellergänge der Hofburg, durch Abwasserkanäle unter der Donau hindurch, sandten sie durch die Atmosphäre zunächst quer über Wien und schließlich über die noch heute gültige Rekorddistanz von 144 Kilometer zwischen zwei kanarischen Inseln.

Bei der Übertragung über größere Distanzen stößt man allerdings an Grenzen, da die Erdatmosphäre die Lichtteilchen zu stark stört. Deshalb werden die Experimente nun in den Weltraum verlagert: Von einem Satelliten Richtung Erde gesendet, bewegen sich die Photonen nur wenige Kilometer durch die dichte Lufthülle und werden entsprechend wenig gestört. Aus diesem Grund hat Zeilinger 2010 ein Abkommen für das Satellitenprojekt mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften unterzeichnet.

Der Satellit selbst und alle Instrumente an Bord wurden von den Chinesen konzipiert und gebaut, sie brauchten dafür fünf Jahre. Der Satellit hat eine Masse von rund 600 Kilogramm, an Bord sind u.a. eine Quelle für verschränkte Photonen und ein Transmitter zur Übertragung der Lichtteilchen. Die für eine Lebensdauer von zwei Jahren ausgelegte Sonde wird auf einer polaren Umlaufbahn in rund 500 Kilometer Höhe die Erde umkreisen.

science.ORF.at/APA

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