Künstliches Blatt: Solarzelle „schluckt“ CO2

Amerikanische Forscher haben eine Solarzelle entwickelt, die aus CO2 Treibstoff herstellt - ganz ähnlich, wie Pflanzen es tun. Das künstliche Blatt ist erstaunlich effizient: Die Erfindung könnte die Energiebranche revolutionieren.

„Wir müssen weg von den fossilen Energieträgern - und wir müssen einen Weg finden, Treibstoff aus CO2 herzustellen. Das ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts“, sagte Arun Majumdar kürzlich bei einem Vortrag an der Stanford University. Majumdar muss es wissen: Der aus Indien stammende Energieforscher gilt als einer der führenden Köpfe seines Faches, wenn er spricht, hören auch die Mächtigen zu. Majumdar berät die amerikanische Regierung in Energiefragen und war unter anderem beim Konzern Google für das Energieressort zuständig.

Forscher im Labor mit Solarzelle

University of Illinois/Jenny Fontaine

Amin Salehi-Khojin (l.) präsentiert die neuartige Solarzelle

Wie es aussieht, haben nun Forscher aus Chicago zumindest einen Teil des Problems gelöst. Ein Team um Amin Salehi-Khojin von der University of Illinois hat eine Solarzelle entwickelt, die so ähnlich funktioniert wie die Blätter von Pflanzen: Sie stellt aus Wasser, Sonnenenergie und CO2 einen Brennstoff her. Das Gerät braucht weder Elektrizität noch sonst irgendeine zusätzliche Energiequelle. Alles, was die Solarzelle benötigt, ist Luft, Wasser, Licht.

Ähnlich effizient wie Pflanzen

Das Wirkungsprinzip ist an sich nicht neu. Schon früher haben Wissenschaftler versucht, das CO2 der Atmosphäre in eine chemisch nutzbare Form zu verwandeln. Doch die bisher verwendeten Katalysatoren waren teuer und wenig effizient. „Unser Katalysator ist tausendmal wirksamer als die bisher bekannten. Und er kostet nicht einmal ein Zwanzigstel“, sagt Salehi-Khojin gegenüber science.ORF.at.

Die Studie

„Nanostructured transition metal dichalcogenide electrocatalysts for CO2 reduction in ionic liquid“, Science (28.7.2016)

Ö1 Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 29.7. um 13:55

Der Stoff, der die Energiebranche revolutionieren könnte, besteht aus zwei Komponenten: Die Verbindung Wolfram-Diselenid übernimmt die eigentliche Aufgabe - die Reduktion von CO2. Eine spezielle Ionenlösung sorgt dafür, dass der Katalysator die chemische Reaktion unbeschadet übersteht und betriebsfähig bleibt.

Wenn Pflanzen via Photosynthese Zucker herstellen, nutzen sie in etwa ein Viertel der aufgenommenen Lichtenergie, der Rest geht verloren. Die Sonnenkollektoren der Chicagoer Forscher haben zurzeit eine Effizienz von fünf Prozent. „Doch der Wirkungsgrad der Pflanzen ist in Reichweite“, sagt Salehi-Khojin. „Wir arbeiten gerade an einem neuen Modell, das bis zu 20 Prozent erreichen könnte.“

Vision von nachhaltiger Energie

Da die neue Solarzelle das Treibhausgas CO2 „schluckt“, ist sie auch für die aktuelle Klimadebatte von Bedeutung. Momentan stellt das Gerät Synthesegas, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, her. „Das kann man direkt verbrennen“, sagt Salehi-Khojin. „Aber es wäre nicht schwierig, das Synthesegas zu Zucker oder Diesel weiterzuverarbeiten.“

Den Klimawandel wird die Erfindung des amerikanischen Technikers allein wohl nicht stoppen können. Doch nachhaltige Energiegewinnung wäre damit im Prinzip möglich. Salehi-Khojin hofft, dass die Solaranlagen in Zukunft an Kraftwerke gekoppelt werden und einen geschlossenen Kreislauf bilden - der da lautet: Aus Brennstoff entstehen Strom und CO2, aus CO2 und Sonnenlicht entsteht wieder Brennstoff.

Robert Czepel, science.ORF.at

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