Warum Bier heute so gut schmeckt

Schon vor Tausenden Jahren haben Menschen Lebensmittel vergoren, z.B. Bier und Käse. Aber die heute dafür verwendeten Hefen gehen auf wenige Wildformen zurück, die im 16. Jahrhundert domestiziert und so für den Biergeschmack optimiert wurden.

Schon in der Frühzeit - vielleicht schon vor 10.000 Jahren - entdeckten die Menschen vermutlich zufällig, wie aus gärendem Getreide Bier wird. In Mitteleuropa soll es 3.000 Jahre vor Christus bereits bierähnliche Getränke gegeben haben. Auch andere Lebensmittel wie Käse und Brotteig wurden vergoren, als man merkte, dass sie so länger halten, besser schmecken, verdaulicher sind und - wie im Fall von Bier und Wein - eine berauschende Wirkung haben. Dass an der Gärung winzige einzellige Organismen - nämlich Hefepilze - beteiligt sind, erkannte man jedoch erst im 19. Jahrhundert.

Aber schon deutlich vor dieser Erkenntnis begannen Bierbrauer, Winzer und Bäcker, die Bier- bzw. Backhefe gezielt zu nutzen: etwa, indem sie noch nicht fermentierte Produkte mit bereits vergorenen „impften“ - so wie das z.B. bei Sauerteig noch immer praktiziert wird. So wurde der Prozess der Gärung weniger zufällig. Ohne es zu wissen, haben die Produzenten auf diese Weise vermutlich bestimmte Hefestämme domestiziert, die sich in der von Menschen gemachten Umgebung weiterentwickelten und den Kontakt zu ihren wilden Verwandten verloren.

Wenige Ursprungsstämme

Um diese These zu prüfen, haben die Forscher um Brigida Gallone von der KU Leuven in Belgien 157 industriell genutzte Stämme der Bierhefe Saccharomyces cerevisae untersucht und einen Stammbaum erstellt.

Es zeigte sich, dass alle von nur wenigen Stämmen abstammen, die im 16. Jahrhundert kultiviert worden sind. Fünf große Gruppen haben sich bis heute herauskristallisiert, vor allem aufgrund ihres Verwendungszwecks: asiatische Bierhefen, die unter anderem für die Produktion von Sake (Reiswein) verwendet werden, eine Gruppe von Weinhefen, ein gemischte Gruppe für unterschiedliche Lebensmittel, z.B. Brot, und zwei Gruppen für die Bierproduktion.

Evolution in der Brauerei

Die deutlichsten Spuren der Domestizierung fanden die Forscher bei den für Bier verwendeten Hefen. Unter anderem vermehren sie sich ausschließlich asexuell - ihre wilden Verwandten können sich in Mangelzeiten oder bei Stress hingegen auch sexuell vermehren. Das ist im geschützten Raum der Brauerei nicht nötig. Außerdem können die kultivierten Bierhefen bestimmte Zucker besser verstoffwechseln, ein bei wilder Vergärung häufiger unangenehmer Nebengeschmack tritt bei den Nutzhefen hingegen nicht mehr auf.

Offenbar haben die Braumeister Gärreste weiterverwendet, wenn sie mit dem Geschmack sehr zufrieden waren. „Die Wiederverwendung der Mikroorganismen isolierte diese völlig von der Natur und die Hefen entwickelten sich in der Brauerei weiter“, erklärt Koautor Kevin Verstrepen in einer Aussendung.

Kluge Braumeister

Obwohl die zur Weingärung verwendeten Hefepilze dieselben Wurzeln haben, scheinen sie weitaus weniger an die menschliche Umgebung angepasst. Laut den Forschern liegt das vermutlich daran, dass Wein anders als Bier nur einmal im Jahr vergoren wird. In der restlichen Zeit könne es auch zur Kreuzung mit wilden Sorten kommen. Aber auch diese Hefestämme hätten in den vergangen Jahrhunderten ein paar nützliche Anpassungen durchlaufen, z.B. sind sie resistent gegenüber Kupfer, der in Weingärten als Mittel gegen Pilze verwendet wird.

Dass sich die zur Bierbrauerei verwendeten Hefen so perfekt an die menschlichen Bedürfnisse angepasst haben, lasse sich auch historisch erklären, schreiben die Forscher. Denn bis zum 16. Jahrhundert wurde Bier vor allem in privaten Haushalten produziert. Nach und nach wurde die Branche professioneller. Zuerst in Klöstern, später dann in Brauereien wurde Bier in großem Stil produziert. „Wir trinken heute so gutes Bier, weil diese frühen Braumeister klug genug waren, Hefen zu züchten - ohne zu wissen, was sie dabei tun“, so Verstrepen. Auf Basis der Erkenntnisse wollen die Forscher nun an neuen Varianten arbeiten, um dann noch besseres Bier produzieren zu können.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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