Warum Paradeiser aus dem Kühlschrank fad schmecken

Paradeiser aus dem Kühlschrank schmecken noch fader, als es Supermarktprodukte meist ohnehin schon tun. Laut einer neuen Studie liegt das an Genen, die mit dem Reifungsprozess zu tun haben – und bei Kälte seltener aktiv sind.

Es werden daher weniger flüchtige Aromastoffe produziert. Zugleich entweichen solche bereits produzierten Stoffe aus der Tomate, schreibt ein Team um Harry Klee von der University of Florida in Gainesville. Resultat: Nach einer Woche waren rund zwei Drittel der flüchtigen Aromastoffe verschwunden, der Temperaturanstieg danach konnte daran nichts ändern.

Vergleich von Geschmacksstoffen

„Kalte Lagerung ist weit verbreitet, um die Haltbarkeit landwirtschaftlicher Produkte zu verlängern. Für die Tomate führt diese Handhabung zu einer verringerten Geschmacksqualität“, so die Forscher.

Um herauszufinden, warum das so ist, haben sie Paradeiser mehrere Tage mit rund fünf Grad Celsius gekühlt und danach wieder bei Zimmertemperaturen gelagert. Geschmackstests einer Jury zeigten, dass die sieben Tage gekühlten Tomaten eindeutig langweiliger schmeckten als frisch geerntete. Die Forscher untersuchten auch die Stoffe, die zum Geschmack der Tomate beitragen: Kohlenhydrate, organische Säuren und flüchtige Stoffe. Dabei verwendeten sie eine alte Tomatensorte und eine relativ neue Züchtung, um zufällige Spitzenwerte zu vermeiden.

Bei Kohlenhydraten und Säuren entdeckten die Biologen kaum einen Unterschied zwischen frischen und gekühlten Paradeisern. Anders sah es bei den flüchtigen Stoffen aus, die so heißen, weil sie durch die Stängelnarbe entweichen können. Deshalb müssen sie von den Zellen der Frucht ständig nachproduziert werden, sonst verliert die Tomate an Geschmack. Doch genau dieses Nachproduzieren ist bei der gekühlten Frucht bei vielen Stoffen heruntergefahren.

Zwei Männer und eine Frau blicken in einen mit Gemüse gefüllten Kühlschrank

dpa/Uli Deck

Blick in den Eiskasten

Deutlich weniger flüchtige Aromastoffe

Klee und sein Team untersuchten 66 flüchtige Stoffe, zu denen unter anderem Lipide und Alkohole gehören, aber auch für die Fruchtreifung wichtige Komponenten. Dazu werteten sie insbesondere aus, wie viele Genabschriften in Form von RNA-Molekülen, die für die Herstellung der verschiedenen Stoffe benötigt werden, bei gekühlten und ungekühlten Tomaten vorlagen.

Nach sieben Tagen Kühlung hatte sich die Menge der flüchtigen Stoffe um bis zu 65 Prozent verringert. Bei einigen Komponenten zog die Produktion wieder an, wenn die Tomaten nach der Kühlung auf 20 Grad Celsius erwärmt wurden. Doch insgesamt blieb der Anteil der flüchtigen Stoffe auch bei diesen Tomaten deutlich unter dem der ungekühlten Früchte.

Klee gehörte auch zu jener Forschungsgruppe, die im Jahr 2000 herausfand, dass ein Enzym namens SlCXE 1 für einen entscheidenden Geschmacksunterschied zwischen grünen und roten Tomaten sorgt. Das Enzym spaltet in den roten Früchten einen schlecht schmeckenden Stoff und verschafft ihnen so einen Geschmacksvorteil.

Vor vier Jahren dann entdeckten Biochemiker um Ann Powell von der University of California ein Gen, dessen Fehlen zu vollständig roten Früchte führt. Ursprünglich waren reife Tomaten um den Stängelansatz herum grün. Doch da die vollroten Tomaten sich besser verkauften, bauen Züchter seit etwa 70 Jahren fast nur noch Sorten mit dieser Eigenschaft an. Dabei war das herausgezüchtete Gen auch für die Bildung wichtiger Aromabestandteile wie Zucker und Carotinoide zuständig - moderne Tomatensorten schmecken deshalb im Vergleich zu alten meist fade.

science.ORF.at/dpa

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