Was beim Quantensprung wirklich geschieht

Unter „Quantensprung“ versteht man im Alltag eine große Sache, in der Physik betrifft er aber winzige Teilchen. Wie diese Quantenteilchen genau springen, haben nun Wiener Forschern beobachtet.

Absorbiert ein Atom ein Lichtteilchen und wechselt damit in einen höheren Energiezustand, hat es einen Quantensprung absolviert. Das passiert quasi von einem auf den anderen Moment. Mithilfe ultrakurzer Laserpulse haben es Forscher um Joachim Burgdörfer von der Technischen Universität (TU) Wien mit Kollegen nun in einer neuen Studie geschafft, Quantenteilchen beim Springen zuzusehen.

Studie

”Attosecond Correlation Dynamics“, Nature Physics, 7.11.16

Als Ausgangspunkt für ihr Experiment fungierte ein Heliumatom mit zwei Elektronen. Beschießt man ein solches mit einem energiereichen Laserpuls, kann eines der Elektronen vom dem Puls fortgerissen und aus dem Atom geschleudert werden. Das läuft innerhalb von Attosekunden ab - also in dem unvorstellbar kurzen Bereich von Milliardsteln einer Milliardstelsekunde.

Ausgeklügelter Versuchsaufbau

„Nun könnte man glauben, dass das zweite Elektron, das im Atom bleibt, bei diesem Prozess gar keine Rolle spielt – das stimmt aber nicht“, sagt Studien-Mitautorin Renate Pazourek, ebenfalls von der TU Wien, in einer Aussendung. „Die beiden Elektronen sind korreliert, also quantenphysikalisch eng miteinander verbunden, daher kann man sie nicht isoliert voneinander betrachten.

Ein Laserstrahl beeinflusst den Zustand der Elektronen in einem Helium-Atom

TU Wien

Illustration: Ein Laserstrahl beeinflusst den Zustand der Elektronen in einem Heliumatom

Weil die beiden ursprünglichen Elektronen aber miteinander auf quantenphysikalischer Ebene verbunden oder korreliert sind, kann der Beschuss auch auf das im Atom verbleibende Elektron Einfluss haben.

„Wenn das eine Elektron aus dem Atom gerissen wird, kann es passieren, dass ein Teil der Laser-Energie auf das zweite Elektron übertragen wird. Es bleibt zwar im Atom gebunden, wird aber in einen höheren Energiezustand versetzt“, ergänzt TU-Kollege Stefan Nagele.

„Plötzlich“ dauert ein paar Attosekunden

Es können also zwei unterscheidbare Prozesse ablaufen: Einmal schneidet das verbleibende Atom bei der durch den Laserpuls einschießenden Energie mit, ein andermal bleibt es im Zustand minimaler Energie. Dass diese beiden Spielarten nicht genau gleich kurz dauern, konnten die Wissenschaftler nun mit einem ausgeklügelten Versuchsaufbau mit zwei verschiedenen Lasern nachweisen.

Sie kamen so zu dem Schluss, dass der Prozess etwas schneller abläuft, wenn das verbleibende Elektron einen Teil der Energie abbekommt. Ist das der Fall, läuft der Vorgang um ungefähr sechs Attosekunden rascher ab.

Bemerkenswert sei zudem, wie gut die theoretischen Berechnungen und die nunmehrigen Messungen zusammenpassen: „Die Genauigkeit des Experiments liegt bei weniger als einer Attosekunde, das ist die genaueste Zeitmessung für einen Quantensprung, die es bisher je gab“, so Renate Pazourek. Dass es jetzt möglich ist, quasi den Finger auf kürzeste zeitliche Abläufe zu legen, die vor Jahrzehnten noch einfach als „plötzlich“ angesehen wurden, helfe nicht nur dabei, die grundlegenden Naturgesetze besser zu verstehen, es eröffne auch neue Ansätze, Materie zu manipulieren.

science.ORF.at/APA

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