„Der erste Anti-Wissenschaftspräsident“

Welche seiner Versprechen Donald Trump als US-Präsident genau umsetzen wird, ist kurz nach der Wahl unklar. Viele Forscher und Forscherinnen in den USA zeigen sich in ersten Reaktionen aber bestürzt – der Wissenschaft droht Ungemach.

“Trump wird der erste Anti-Wissenschaftspräsident sein, den wir jemals hatten“, meinte etwa Michael Lubel, der Leiter für Öffentlichkeitsarbeit der US-Physikergemeinschaft APS. „Die Folgen werden sehr, sehr schwerwiegend sein“, so Lubel gegenüber „Nature“.

Besonders berüchtigt sind Trumps Aussagen zum Thema Klimaerwärmung. 2012 hat er getwittert, dass es sich dabei um eine Erfindung „der Chinesen“ handle, die der amerikanischen Wirtschaft schaden solle.

Was wird aus Weltklimavertrag?

Der im Vorjahr in Paris ausgehandelte Weltklimavertrag ist erst wenige Tage vor der US-Wahl in Kraft getreten: Barack Obama hat es unterschrieben, die USA verpflichten sich darin, ihre CO2-Ausstoß bis 2025 um knapp 30 Prozent zu reduzieren. Aber: Der Vertrag sieht keinerlei Sanktionsmöglichkeiten vor, Trump könnte ihn also schlicht ignorieren.

Macht er das, wären die Folgen unklar. Wahrscheinlich werden Länder wie Deutschland weiter auf die Einhaltung des Vertrags setzen – nicht zuletzt, weil sie in erneuerbare Energien investieren und dies in ihrem nationalen Interesse liegt. „Die Welt muss sich nun ohne die USA vorwärts bewegen auf dem Weg zur Begrenzung von Klimarisiken und zu sauberen Technologie-Innovationen“, heißt es in einer ersten Stellungnahme von Hans Joachim Schellnhuber, dem Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. „Die Wissenschaft kann kein positives Handeln von Trump in Klimadingen erwarten.“

Weit zufriedener zeigt sich die konservative American Energy Alliance: „Trumps Sieg ist eine Chance, die schädliche Energiepolitik der letzten Generation zurückzusetzen. Sein Energieplan stellt die Bedürfnisse der amerikanischen Familien und Arbeiter an die erste Stelle“, heißt es in einer Aussendung.

Autismus vom Impfen

Trump ist aber nicht nur gegenüber der Klimaerwärmung skeptisch. Er hat auch Vorbehalte gegenüber der Weltraumbehörde NASA und der US-Gesundheitsbehörde NIH, über die er „so viele schreckliche Dinge gehört“ habe. In einem Tweet von 2014 sprach er davon, dass Impfungen Autismus auslösen können.

Von der Forschergemeinde gefürchtet ist auch Trumps harte Immigrationspolitik – was dazu führen könne, dass sich ausländische Talente abschrecken lassen, an US-Universitäten zu arbeiten. Kevin Wilson von der Amerikanischen Gesellschaft für Zellbiologie sieht in der Wahl Trumps deshalb „zumindest einen abkühlenden Effekt auf die Interessen von Wissenschaftlern, in die USA zu kommen.“

Verlassen Forscher die USA?

Einige von ihnen, die bereits in den USA sind, stellen in ersten – Twitter gemäß leicht hysterischen – Reaktionen bereits in Aussicht, das Land verlassen zu wollen: Maria E. Escribano, eine spanische Chemikerin, die derzeit in Stanford forscht, schreibt, die Wahl Trumps sei erschreckend für Forschung, Wissenschaft und Bildung sowie für die Zukunft unseres Planeten. "Ich schätze, es ist Zeit für mich nach Europa zurückzukehren.“

Auch der kanadische Umweltwissenschaftler Murray Rudd von der Emory University in Atlanta denkt darüber nach, nach Kanada zurückzugehen. Die Ökologin Becky Carmichael von der Louisiana State University wiederum rechnet mit Einschränkungen bei Fördergeldern, mehr Kontrolle bei Forschungsfragen und mit einem Förderstopp beim Klimawandel.

Generell, so die ersten Reaktionen von Wissenschaftsvertretern in den USA, wird mit der Präsidentschaft Trumps ein schwierigeres Klima für die Forschung und Experten aller Art erwartet – und nicht zuletzt geht die Furcht um, dass wichtige Forschungsbereiche schlechter öffentlich finanziert werden als bisher.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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