Juckreiz steckt auch Mäuse an

Kratzen ist ansteckend. Das gilt - wie eine neue Studie zeigt - auch für Mäuse. Sehen sie einen Artgenossen, der sich kratzt, scheint es sie wenige Augenblicke später selbst zu jucken.

Der Mensch ist anfällig für soziale Ansteckung. Er übernimmt Stimmungen aus seinem Umfeld, lacht, wenn andere lachen, und gähnt, wenn andere gähnen. Und wenn wir sehen, dass sich jemanden kratzt, dauert es oft nicht lange, bis es uns ebenfalls juckt. Besonders emotional labile Personen lassen sich laut einer Studie aus dem Jahr 2012 leicht vom Juckreiz anstecken.

Aber auch andere Lebewesen haben einen Hang ihre Artgenossen zu imitieren. So lassen sich z.B. Affen wie Schimpansen und Pavianen vom Gähnen ihrer Kollegen anstecken. Und Hunde gähnen mit, wenn ihr Besitzer gähnt. Es gibt auch Tiere, die empfänglich sind für fremden Juckreiz, etwa Rhesusaffen.

Soziale Mäuse

Offenbar sind sogar Mäuse in dieser Hinsicht soziale Tiere, das legt zumindest die Arbeit der Forscher um Yao-Qing Yu von der Washington University School of Medicine nahe.

Forschervideo zum ansteckenden Juckreiz

Sie setzen ahnungslose Mäuse in transparente Käfige. Ihnen gegenüber: eine Maus mit chronischem Juckreiz. Nachdem die Versuchstiere den fremden - sich exzessiv kratzenden - Artgenossen erblickt hatten, begann sie ebenfalls sich zu kratzen.

Das funktionierte sogar, wenn die Maus mit starkem Juckreiz nur auf einem Bildschirm zu sehen war. Es könne als weder an Geräuschen noch am Geruch liegen, schreiben die Forscher.

Optischer Reflex

Sie identifizierten auch Gehirnregionen, die nur beim ansteckenden Jucken aktiv waren, nicht aber beim spontanen. Blockierten sie einen bestimmten Gehirnbotenstoff im Suprachiasmatischer Kern konnten sie das Verhalten ausschalten: Die Mäuse blieben vom Juckreiz des anderen unbeeindruckt.

Zeichnung von sich kratzenden Mäusen

Keke Hou

Die Forscher glauben allerdings nicht, dass die Imitation des Verhaltens ein Zeichen für Empathie oder höhere kognitive bzw. affektive Leistungen ist. Wahrscheinlich sei es eine Art optischer Reflex auf die beobachteten Kratzbewegungen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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