Glyphosat-Bericht: „Gekaufte Wissenschaft“

Ende März hat die Umweltschutzorganisation Global 2000 den Bericht „Glyphosat und Krebs - Gekaufte Wissenschaft“ veröffentlicht, der unter anderem aufzeigen soll, wie der US-Saatgutriese Monsanto daran beteiligt war, dass das Herbizid weiterhin verwendet werden darf.

Der von Helmut Burtscher, Umweltchemiker bei Global 2000, Peter Clausing und Claire Robinson verfasste Bericht enthält zum Teil bekannte Argumente der Glyphosat-Gegner, jedoch hat die Thematik durch die dieses Jahr auslaufende Zulassung des Herbizids und auch durch in den USA publik gewordene E-Mails von Monsanto wieder an Brisanz gewonnen. Diese „legen den Verdacht nahe, dass Monsanto offenbar versucht hat, auf Studien einzelner Forscher Einfluss zu nehmen“, schrieb dazu die „Süddeutsche Zeitung“.

Auch Studien, die keinen Einfluss auf die Zulassung gefunden haben, finden sich in dem Bericht: Burtscher berief sich im einem Hintergrundgespräch unter anderem erneut auf die Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC), die Glyphosat im Jahr 2015 in der Kategorie „2A“ - „wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen“ - eingereiht hatte. Schwere wissenschaftliche Mängel in den Industriestudien seien hingegen der Grund dafür, dass die EU-Institutionen dieser Sichtweise nicht folgen. Zuletzt hatte etwa die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) die Substanz als „nicht krebserregend“ eingestuft - mehr dazu in science.ORF.at.

Gefahr versus Risiko

Der Argumentation der Glyphosat-Befürworter, die IARC werte die Beweislage, dass Glyphosat Krebs auslösen könnte - und nicht das Risiko, tatsächlich an Krebs zu erkranken -, will sich Burtscher nicht anschließen. Dabei würde eine Missachtung des in der EU-Pestizidverordnung von 2011 verankerten „gefahrenbasierten Ansatzes“ erfolgen.

„Die IARC macht seit 40 Jahren nichts anderes, als gefahrenbasiert Krebsgefahren einzustufen - und das nach einem klarem Muster. Die IARC hat den Standard für diese Kunst weltweit vorgegebenen. Die europäischen Institutionen wenden diese ebenfalls an, und sie haben auch im europäischen Gesetz Niederschlag gefunden, indem der gefahrenbasierte Ansatz gewählt wurde“, so Burtscher.

Wissenschaftliche Redlichkeit gefordert

Die IARC stellte in der Begründung zu Glyphosat aufgrund von vier Herstellerstudien auch fest, dass es starke Beweise für eine Genotoxizität als krebserregenden Mechanismus gebe. Auch diese Einschätzung wird von den EU-Behörden nicht geteilt. „Sie wird geleugnet, indem man der Argumentation eines von Monsanto bezahlten Wissenschaftlers folgt“, so der Vorwurf des Umweltchemikers.

Für Burtscher ist es evident, dass Glyphosat Krebs beim Menschen auslösen kann: „Wie viele Fälle dadurch verursacht werden, weiß keiner. Vielleicht ein paar hundert, vielleicht ein paar tausend, vielleicht Zigtausende - und das ist nicht annehmbar.“ Eine weitere Genehmigung, das Herbizid in der EU weiterhin zu verwenden, sei mit einem inakzeptablen Risiko verbunden. Vermeiden könne man es durch die „Einhaltung der Gesetze und Wahrung der wissenschaftlichen Redlichkeit“, heißt es im Vorwort des Berichts. Die Zulassung läuft jedenfalls mit Ende des Jahres aus. Bis dahin müssen die EU-Staaten in einem Expertengremium eine Entscheidung gefunden haben, ob die Verlängerung genehmigt wird oder nicht.

science.ORF.at/APA

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