Warum Laufen ansteckend ist

Wie sportlich man ist, hängt auch von Freunden ab. Laufen sie länger und schneller als sonst, steigt - zumindest unter bestimmten Voraussetzungen - die eigene Leistung. Das zeigt eine Auswertung der Fitnesstracker von 1,1 Millionen Läuferinnen und Läufern.

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er neigt dazu, Stimmungen, Verhaltensweisen und Meinungen aus seinem Umfeld zu übernehmen. Wenn andere gähnen, gähnt er auch, und wenn sie lachen, lacht er mit. Sogar, ob man dick oder dünn ist, hängt mit dem Freundeskreis zusammen, wie Forscher schon 2007 in einer Studie festgestellt haben. Derselbe Mechanismus könnte aber auch beim Kampf gegen die überflüssigen Kilos helfen. Denn einer anderen Studie zufolge ist Abnehmen genauso „ansteckend“.

Datenvergleich

Und auch bei sportlichen Aktivitäten dürfte das Phänomen der sozialen Ansteckung eine Rolle spielen, wie eine aktuelle Arbeit von Sinan Aral und Christos Nicolaides von der MIT Sloan School of Management nahelegt. Dabei haben sie sich nicht auf subjektive Angaben verlassen, sondern handfeste Daten aus Fitnesstrackern von 1,1 Millionen Läufern verwendet, die in fünf Jahren weltweit insgesamt 350 Millionen Kilometer gelaufen sind.

Die Studie

„Exercise Contagion in a Global Social Network“, Nature Communications, 18. April 2017

Die Geräte zeichnen die Laufstrecke und -dauer, die Geschwindigkeit und den Kalorienverbrauch auf. Die Daten werden zusätzlich automatisch an befreundete Läufer im Netzwerk weitergeliefert, sodass die Sportler auch die Leistungen der anderen überblicken können.

Messbare Steigerung

Über diese Millionen Verbindungen wurde der soziale Einfluss zwischen den Läufern wirksam und messbar. Tatsächlich hatten individuelle Leistungssteigerungen eine unmittelbare Wirkung auf andere Läufer, wie die Wissenschaftler schreiben. Lief ein befreundeter Sportler einen Kilometer weiter, absolvierte ein Läufer auch einen Drittelkilometer mehr. Ein höheres Tempo, eine längere Laufdauer und ein höherer Kalorienverbrauch hatten eine vergleichbare Wirkung.

Soweit der Durchschnitt, im Detail hing der Einfluss aber von mehreren Faktoren ab. Unter anderem ließen sich die Läufer dann stärker beeinflussen, wenn der Trainingskollege nur etwas besser bzw. schlechter als er selbst war. Bei großen Leistungsdifferenzen war kaum „Ansteckung“ messbar. Generell ließen sich aktivere Läufer leichter von weniger aktiven beeinflussen als umgekehrt. Offenbar spornt es mehr an, wenn schwächere Kontrahenten sich steigern.

Das Geschlecht scheint ebenfalls eine Rolle zu spielen. Männer ließen sich besonders von Läufern, aber auch von Läuferinnen beeinflussen. Frauen hingegen orientieren sich nur an ihren Geschlechtsgenossinnen. Das könnte laut den Forschern daran liegen, dass Männer wettkampfmäßiger trainieren.

Nicht jeder ist empfänglich

Die Studie zeige, dass Sport ansteckend sein kann, aber nicht für jeden gleichermaßen. Die Forscher vermuten, dass dies für soziale Ansteckung im Allgemeinen gilt - nicht jeder ist für alles empfänglich. Das sollte man berücksichtigen, wenn man etwa Menschen auf diese Weise zu gesundheitsbewussterem Verhalten animieren möchte.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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