Erfolgreich, wenn verpflichtend

Klimapolitik bedeutet auch, sich an die Erderwärmung anzupassen. In Österreich gibt es zwar eine Strategie, aber zu wenig Umsetzung, kritisiert ein Experte. Vorbilder wie Toronto zeigen: Nur wenn Maßnahmen Pflicht sind, haben sie Erfolg.

In Österreich wartet man derzeit auf die Energie- und Klimastrategie – an sich wollte die Regierung damit bis Ende Juni 2017 einen Plan für aktiven Klimaschutz in den Ministerrat bringen. Ob dies gelingen wird, ist noch offen. Dass aber eine Strategie nicht automatisch bedeutet, dass die Verantwortlichen auch tätig werden, zeigt das Beispiel der österreichischen „Klimawandel-Anpassungsstrategie“ - sie gibt es seit 2012. Enthalten sind darin Maßnahmen, mit denen die Schäden infolge des Klimawandels wie z.B. durch extreme Hitze oder starken Regen reduziert werden sollen.

Umgesetzt wurden solche „Handlungsempfehlungen“ allerdings noch kaum. Woran das liegt und welche Länder es scheinbar besser machen, untersucht der Politikwissenschaftler Christoph Clar von der Universität für Bodenkultur Wien. „Klimawandelanpassung ist immer dann leicht, wenn es darum geht, Bewusstsein zu schaffen, zu informieren oder eventuell sogar Förderungen auszusprechen. Wenn es aber darum geht, verpflichtende Maßnahmen zu setzen, machen die meisten Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen einen Rückzieher.“

Vorbilder: Toronto und Dänemark

Ausnahmen sind hier die kanadische Stadt Toronto und Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen. Hier gilt jeweils seit etwa sieben Jahren eine Gründachpflicht bei Neubauten ab einer bestimmten Größe. Sie kühlen bei Hitze und fangen zusätzlich Regenwasser auf, zudem gelten begrünte Dächer als gute Isolatoren im Winter wie im Sommer. Frankreich erließ 2015 ein ähnliches Gesetz.

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Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in den Journalen: 16. 6., 12 Uhr.

Was die Verantwortlichen in Toronto und Kopenhagen tatsächlich aktiv werden ließ, ist von Clar noch nicht abschließend analysiert. Erste Ergebnisse zeigen aber, dass erst ein großer Problemdruck Motor für umfangreiche Anpassungsmaßnahmen ist. So wurde in Kopenhagen nur kurze Zeit nach einem verheerenden Wolkenbruch und seinen negativen Folgen der „Wolkenbruch Management Plan“ verabschiedet, berichtet der Forscher. Erst damit wurden einige Maßnahmen aus der dänischen Klimaanpassungsstrategie tatsächlich umgesetzt - wie etwa die Schaffung von mehr Grünflächen sowie der Ausbau des Kanalsystems. „Das sind Ereignisse, die dann einfach Prozesse in Gang setzen. Wobei sich auch zeigt, dass es hier ein bestimmtes Zeitfenster gibt - wird das nicht genutzt, passiert nichts.“

Österreich: „Keine klare Aufgabenverteilung“

Zudem haben manche Städte verstanden, dass sich Klimawandelanpassung wirtschaftlich rentiert. Hierzu zählt Clar die küstennahe Stadt Rotterdam. Hier baute man sich in den letzten Jahren eine internationale Reputation im Bereich der Hochwasserschutztechnologie auf. „Gerade bei Anpassungsmaßnahmen liegt der wirtschaftliche Vorteil auf der Hand.“

Zum Vergleich: In Österreich ist die Klimawandel-Anpassungsstrategie, mit der die negativen Folgen von Starkregen und Hitze reduziert werden sollen, zwar sehr umfangreich und sie sieht bereits einen Aktionsplan vor, allerdings scheitert es hier oftmals an einer klaren Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, kritisiert Clar.

„Wenn niemand dazu verpflichtet wird, sind diese Akteure selbst verantwortlich, diese Maßnahmen in die Tat umzusetzen. Hier fehlen dann aber zum Teil das Interesse, das Knowhow oder die Ressourcen.“

Problem steigen mit den Temperaturen

Auch hierzulande kann man von einem wachsenden Problemdruck sprechen. Neben landesweiten Überschwemmungen plagen die Stadtbewohner immer öfter Hitzewellen. In Wien etwa gab es 2015 bereits 18 Tage mit über 35 Grad Celsius – der letzte Rekord lag 2013 bei zehn Tagen.

Wird nichts gegen den Klimawandel unternommen und der CO2-Ausstoß nicht reduziert, werden die Temperaturen in Bundeshauptstadt bis 2100 um zwei bis fünf Grad ansteigen, so Forscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Den größten Städten der Welt droht laut einer kürzlich veröffentlichten Studie sogar ein Plus von acht Grad Celsius.

Den Forschern zufolge ist dadurch weltweit mit erheblichen Kosten zu rechnen - etwa weil Menschen in der aufgeheizten Stadt weniger effizient arbeiten, durch vermehrte Krankenhausaufenthalte (die Wiener Rettung verzeichnet bei Hitzewellen bereits 20 Prozent mehr Einsätze) oder weil mehr Klimaanlangen laufen und Strom brauchen. .

Wien: Höchstens drei Prozent der Dächer bepflanzt

Für etwas Abkühlung könnten nicht nur Pflanzen am Dach sorgen, sondern auch moderne Dachverkleidungen, die die Sonnenstrahlen größtenteils reflektieren. Mit solchen Maßnahmen ließe sich die Anzahl der Hitzetage in der Innenstadt um knapp 30 Prozent reduzieren, berechneten Forscherinnen der ZAMG.

Zwar sieht die Wiener Strategie für Hitzeinseln solche Maßnahmen durchaus vor. Anders als in Kopenhagen und Toronto ist die Dachbegrünung beispielsweise bis dato allerdings nur freiwillig und wird maximal bis zu 2.200 Euro gefördert. So sind von den knapp 30 Millionen Quadratmeter theoretisch begrünbarer Dachflächen in Wien aktuell nur knapp zwei bis drei Prozent bepflanzt.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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