Beton: Stabiler durch Meerwasser
Schon Plinius der Ältere schrieb 77 n. Chr. in seiner Naturalis historia, dass die römischen Hafenanlagen im salzigen Meerwasser zu „einer einzigen steinigen Masse werden, unbezwingbar für die Wellen und jeden Tag stärker“. Damit hat er nicht übertrieben.
J.P. Oleson
Dass einige Befestigungen bis heute den Wellen standgehalten haben, verdanken sie einem speziellen Baustoff, dem Opus caementitium. Mit dem „römischen Beton“ bauten die alten Römer viele ihrer monumentale Bauwerke, z. B. Aquädukte, Arenen und riesige Kuppelbauten wie das Pantheon. Auch diese haben Witterungseinflüsse und sogar Erdbeben erstaunlich gut überstanden. Zum Vergleich: Moderner Beton übersteht etwa 100 Jahre unbeschadet.
Kristalline Strukturen
Das Geheimnis liegt vermutlich in den Zutaten. Der antike Baustoff besteht vor allem aus Kalk, Vulkanasche und Vulkangestein, gemischt mit Meerwasser. Zum Aushärten braucht der Zement über 150 Tage. Was das Gemisch so haltbar macht, untersucht Marie Jackson von der University of Utah seit vielen Jahren an antiken Betonproben.
Video der Forscher zum „römischen Beton“
Dabei stellte sie bereits fest, dass beim Aushärten im Inneren des Materials spezielle kristalline Strukturen entstehen, die offenbar genau dort für mehr Stabilität sorgen, wo heutige Betonstrukturen oft Risse bilden. Außerdem hat Jacksons Team bereits ein extrem seltenes Mineral im marinen Mörtel entdeckt.
Gewachsene Strukturen gestärkt
Für die neue Studie wurden die Proben erneut mit hochauflösenden Verfahren untersucht. Dabei fanden die Forscher ein weiteres Mineral, das sich erst im Lauf der Zeit gebildet hat. Ihre Schlussfolgerung: Wenn Meereswasser die Hafenanlagen umspült und in den Beton eindringt, lösen sich Bestandteile aus der vulkanischen Asche.
Die Studie
„Phillipsite and Al-tobermorite mineral cements produced through low-temperature ...“, American Mineralogist, 3.7.2017
Daraus entstehen die neuen gesteinsartigen Strukturen, die das Material stärken. Dadurch sind die Anlagen heute sogar stärker als kurz nach ihrer Errichtung. Bei modernen Baustoffen habe Salzwasser genau den gegenteiligen Effekt, so Jackson in einer Aussendung.
Die Forscher arbeiten nun daran, den antiken Beton nachzubauen. Vulkanasche und -gestein seien allerdings rar. Deswegen müsse man nach Alternativen suchen. Da es dauert, bis der Baustoff die gewünschte Stärke entwickelt, wäre der Baustoff allerdings nur für bestimmte Projekte geeignet, etwa um Küsten langfristig zu befestigen.
Eva Obermüller, science.ORF.at