Neue Behandlung von Herzinfarkten

Das Risiko eines erneuten Herzinfarkts oder Schlaganfalls verringern, indem man Entzündungen bekämpft: Das verspricht laut US-Medizinern ein neuartiges Medikament. Das Mittel wirkt aber nur gering - und ist bisher auch extrem teuer.

Dass Herzkreislauf-Erkrankungen nicht nur mit erhöhten Blutfetten, sondern auch mit Entzündungen im Körper zu tun haben, wird schon lange diskutiert. Medikamente, die auf diesem Weg vor Infarkten oder Schlaganfällen schützen, gibt es bisher nicht.

Ein solches wurde nun in einer vom Pharmakonzern Novartis finanzierten klinischen Studie getestet. 10.000 Patienten, die bereits einmal einen Herzinfarkt erlitten hatten, nahmen daran teil.

Risiko sinkt

Vier Jahre lang wurde den Teilnehmern alle drei Monate eine hohe, eine mittlere bzw. eine niedrige Dosis des monoklonalen Antikörpers Canakinumab oder ein Placebo intravenös verabreicht. Aufgrund ihrer Vorerkrankung nahmen die Probanden schon eine Reihe anderer Medikamente, von Cholesterinsenkern wie Statinen bis zu Blutdruckmitteln. Am Ende hatte sich das Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, in der höchsten Dosisgruppe um 15 Prozent reduziert.

Die Studie

„Antiinflammatory Therapy with Canakinumab for Atherosclerotic Disease“, New England Journal of Medicine, 27.8.2017

Die Forscher berichten von einem weiteren positiven Nebeneffekt: Das Lungenkrebsrisiko war ebenfalls geringer. Allerdings hatten die Patienten ein höheres Risiko, an schweren Infektionen wie einer Lungenentzündung zu erkranken. Das ist nicht ganz überraschend, denn Entzündungen sind auch Teil der körperlichen Immunreaktion um Viren oder Bakterien abzuwehren.

Hoher Preis

Für eine Standardbehandlung sei die Wirkung derzeit zu gering, wie Robert Harrington von der Stanford University in einem Editorial zur Studie schreibt. Laut dem Erstautor Paul Ridker von der Harvard Medical School könnte die Behandlung aber für eine bestimmte Patientengruppe interessant sein. Denn am deutlichsten war die schützende Wirkung bei jenen Probanden, deren Entzündungswerte im Blut gleich nach der ersten Dosis stark gesunken waren. Bei ihnen war das Risiko eines Infarkts am Ende um bis zu 27 Prozent verringert.

So oder so wird die Behandlung in naher Zukunft noch nicht verfügbar sein. Das Medikament ist zwar bereits zugelassen - für seltene Erkrankungen -, aber extrem teuer: Ein Behandlungsjahr kostet derzeit über 167.000 Euro. Im vergangenen Jahr erzielte Novartis mit dem Arzneimittel einen Verkaufserlös von mehr als 237 Millionen Euro. Nun will das Unternehmen eine breitere Zulassung beantragen und die Wirksamkeit bei Lungenkrebs in weiteren Studien untersuchen. Ob der Preis im Fall einer Neuzulassung sinkt, will das Unternehmen noch nicht diskutieren.

Laut Ridker habe aber jeder einzelne auch ohne ein solches Medikament Möglichkeiten, Entzündungen im Körper zu verringern, indem er sich mehr bewegt, nicht raucht und gesund isst.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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