Gletscherschwund hat weitreichende Folgen

Bis zum Jahr 2100 könnten in den Alpen nur noch vier Prozent der Eisfläche von Anfang dieses Jahrhunderts übrig sein. Viele der Auswirkungen des Gletscherschwunds - auch für die Bevölkerung - wurden bisher zu wenig beachtet, warnen Forscher.

Den größten Anteil der verlorenen Eismassen tragen die Gletscher am Golf von Alaska, der kanadischen Arktis sowie die Eisschilde Grönlands und der Antarktis bei, wie das internationale Forscherteam in einer aktuellen Arbeit schreiben. Den größten individuellen Verlust verzeichnen jedoch die europäischen Alpen und die Anden in Südamerika.

Während der vergangenen 30 Jahre habe sich der Alpenraum besonders stark erwärmt. Zusammen mit vermindertem Schneefall sei die Eisfläche seit 1850 um mehr als die Hälfte (54 Prozent) geschrumpft. Derzeitigen Berechnungen zufolge könnten in den Alpen bis Ende des 21. Jahrhunderts nur noch vier bis 13 Prozent der Eisfläche von 2003 übrig sein.

Wasserversorgung unvorhersehbar

Große Auswirkungen des weltweiten Gletscherschwunds sind laut den Forschern beispielsweise auf Flüsse zu erwarten. Ihre Wasserversorgung wird unvorhersehbarer, da sie weniger von Schmelzwasser und mehr von zufälligen Niederschlägen abhängen werden. Damit verändern sich auch die Umweltbedingungen dieser Gewässer-Ökosysteme dramatisch.

Das schmelzende Eis gibt zudem Schadstoffe frei, z.B. Emissionen aus der Industrie, Pestizide und andere überdauernde Schadsubstanzen, die mit dem Schmelzwasser in Bächen, Flüssen und Grundwasser landen. Der Gletscherschwund werde so auch die Bevölkerung beeinträchtigen, die in vielerlei Hinsicht von Gletscher-gespeisten Flüssen abhängig ist, betonen die Wissenschaftler. Von Wasserversorgung und Landwirtschaft über Fischerei bis hin zur kulturellen und religiösen Rolle, die Flüsse in vielen Gesellschaften spielen.

Ausmaß unterschätzt

Das schiere Ausmaß der Folgen des Gletscherschwunds auf die davon abhängigen Ökosysteme sei bisher nicht voll erfasst worden, so Hauptautor Alexander Milner von der University of Birmingham. „Von Artenvielfalt bis Tourismus, von Wasserkraft bis zur Versorgung mit sauberem Wasser, die Bandbreite der Risiken für unsere derzeitige Lebensweise ist groß.“

Die Experten rufen daher zu mehr Forschung über die Risiken in den am meisten betroffenen Regionen und zu größeren Bemühungen bei der Anpassung an die laufenden und bevorstehenden Veränderungen auf.

science.ORF.at/APA/sda

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