Wann Beziehungen (un)gesund sind

Wer gute Partner oder enge Freunde hat, ist gesünder und lebt länger: Das ist der Schluss mehrerer neuer Studien von US-Psychologen. Feindselige Beziehungen hingegen schaden der Gesundheit - und auch die Persönlichkeit spielt eine zentrale Rolle.

Der Mensch ist ein soziales Tier. Ein Leben ohne Freunde und Partner können sich die meisten kaum vorstellen. Wie Studien zeigen, kann Einsamkeit sogar krank machen. Warum enge Bindungen so wichtig und heilsam sind, wird seit Jahren erforscht. Die American Psychological Association widmet dem Thema daher jetzt ein ganzes Heft: Die aktuellen Ausgabe des „American Psychologist“ geht der Frage nach, wie enge Beziehungen das Leben verlängern können und auf welche Weise sie ihre gesundheitsfördernde oder -schädigende Wirkung entfalten. Die Artikelserie liefert einen Überblick darüber, was man heute schon weiß.

In guten und in schlechten Zeiten

Wie vielfältig die Wirkungen des zwischenmenschlichen Kontakts sein können, zeigt ein Beitrag von Paula R. Pietromonaco von der University of Massachusetts und Nancy L. Collins von der University of California. Sie berichten dabei von einer Reihe an Studien, die belegen, wie hilfreich enge Beziehungen z. B. in schweren Zeiten oder unter Stress rein körperlich sein können: Die positiven Wirkungen zeigen sich z. B. beim Blutdruck, beim Cortisolspiegel (ein Stresshormon, Anm.) und im Gehirn. Mit emotionaler Unterstützung empfindet man auch weniger Schmerzen und die Welt als weniger bedrohlich.

Aber nicht nur in schlechten, sondern auch in guten Zeiten können enge Sozialkontakte nutzen. Die gesundheitsfördernde Wirkung von positiven Erlebnissen wird verstärkt, wenn man die Erfahrungen mit jemandem teilen kann. Es fällt auch leichter, persönliche Ziele zu verfolgen. Und man ist eher geneigt, sich um sich selbst zu kümmern und gesund zu leben.

Eine große Rolle spielen auch die Gefühle der Vertrautheit, der Wertschätzung und Berührungen, schreiben die Autorinnen. Mit einer solchen Basis entwickeln Menschen weniger körperliche Befindlichkeitsstörungen. Sie schlafen besser und fühlen sich insgesamt vitaler sowie zufriedener. Reaktionen auf die Nähe spiegeln sich auch im Belohnungszentrum des Gehirns.

Feindseligkeit und Ablehnung schaden

Das alles gilt jedoch nur für gute Beziehungen. Ist eine Partnerschaft geprägt von Feindseligkeit und Ablehnung, kehren sich die körperlichen Wirkungen um, wie ebenfalls durch Studien belegt ist: Der Blutdruck steigt, das Immunsystem funktioniert nicht so gut. Die Partner leiden öfter an Entzündungen und ihre Wunden heilen schlechter.

Langfristig sind Menschen in konfliktbeladenen Beziehungen öfter von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Schmerzen und Übergewicht betroffen. Soziale Ablehnung führt zudem nicht selten zu ungesundem Verhalten wie Rauchen oder übermäßigem Essen.

Persönlichkeit entscheidend

Wie Pietromonaco und Collins in ihrem Artikel schreiben, hängen die körperliche Reaktionen jedoch eng mit der Persönlichkeit zusammen. Menschen haben dem Artikel zufolge sehr unterschiedliche Erwartungen an ihr Gegenüber, genauso unterschiedlich reagieren sie.

So gebe es etwa sehr ängstliche Bindungstypen, die Angst vor äußeren Bedrohungen haben und sich viele Sorgen um die Beziehung machen. Sie reagieren auch körperlich stärker auf Unstimmigkeiten und Konflikte als sichere und unabhängige Bindungstypen. Die Folgen zeigen sich erneut im Herz-Kreislauf-System, bei Stressreaktionen und Entzündungen, im Immunsystem und beim Verhalten. Zudem haben Menschen unterschiedliche Lebensziele: Manche sind grundsätzlich sozial orientiert, andere eher egozentrisch. Letztere sind öfter ängstlich oder einsam.

Es hänge also auch stark von der Persönlichkeit ab, ob eine Beziehung für jemanden nun gesund oder ungesund ist. Andere Einflussfaktoren sind laut den Autorinnen bisher noch wenig untersucht, z. B. Geschlechterrollen, die Kultur und der soziale Hintergrund.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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