Riesen und Zwerge drohen auszusterben

Was haben Walhai und Blaubauchkolibri gemeinsam? Sie drohen beide auszusterben - und sind mit ihrem Schicksal nicht allein: Sehr große und sehr kleine Wirbeltiere sind nämlich besonders gefährdet.

27.000 Wirbeltierarten der Roten Liste haben Forscher um den US-amerikanischen Ökologen William Ripple untersucht, in den Daten stießen sie auf einen Zusammenhang: Die Köpergröße hat offenbar etwas mit dem Grad der Gefährdung zu tun.

Setzt man diese zwei Größen in Bezug zueinander, entsteht eine U-förmige Kurve. Mittelgroße Tiere sind noch relativ gut dran, an den beiden Enden des Größenspektrums indes ist das Risiko, dass die gefährdeten Arten aussterben, besonders hoch.

Grafik: Aussterberisiko und Körpergröße

Oliver Day, Oregon State University

Beispiele dafür sind etwa Walhai, Somalistrauß und Chinesischer Riesensalamander auf der einen Seite der Skala. Beziehungsweise, auf dem anderen Ende, Blaubauchkolibri, Kugelfingergecko und Schweinsnasenfledermaus.

Jagd und Habitatzerstörung

Was Erstere angeht, ist das Ergebnis der Analyse wenig überraschend. Schon bisher wusste man, dass Wilderei, Jagd und Fischerei die Bestände der großen Wirbeltiere dezimieren und viele an den Rand des Aussterbens gebracht haben.

Bei den Kleintieren (unter 77 Gramm Körpergewicht) hat man den Grad der Gefährdung hingegen völlig unterschätzt. Ihnen setzt vor allem die Zerstörung der Lebensräume zu. Das gilt besonders für Arten, die im Süßwasser leben, wie zum Beispiel der in Thailand beheimatete blinde Höhlenfisch Cryptotora thamicola.

Der Fisch trägt seiner speziellen Fortbewegungsweise wegen den Spitznamen „Wasserfall-Kletterer“. Forscher des New Jersey Institute of Technology haben letztes Jahr herausgefunden, dass er mit seinen Flossen nicht nur schwimmen, sondern damit (in rudimentärer Form) auch gehen kann.

Kaum Schutz für unbekannte Arten

Diese anatomischen Besonderheiten könnten ein Modell für die Eroberung der Kontinente durch die ersten Landwirbeltiere vor 420 Millionen Jahren sein. Vorausgesetzt, der Modellfisch stirbt in nächster Zeit nicht aus.

Wie Ripple und seine Kollegen im Fachblatt „PNAS“ schreiben, sollte man die bisher übliche Praxis der Artenschutzprogramme überdenken. Die betreffen nämlich überproportional viele Säugetiere - Wale, Elefanten und Löwen etwa. Aber natürlich gibt es auch weniger prominente Großtiere aus anderen Wirbeltiergruppen, die ebenso stark gefährdet sind. Von deren Schicksal nimmt bisher kaum jemand Notiz.

Robert Czepel, science.ORF.at

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