Wie Meditation wirkt

Meditation ist mehr als esoterischer Hokuspokus. Ihre Wirkung zeigt sich sogar im Gehirn. Welches mentale Training Aufmerksamkeit oder Mitgefühl stärkt und welches besonders gut gegen Stress hilft, haben Forscher nun in einem großen Projekt untersucht.

Dass Meditation nicht nur subjektiv, sondern messbar hilft, ja sogar Spuren im Gehirn hinterlässt, belegen mittlerweile einige Studien. Allerdings gibt es noch zahlreiche ungeklärte Fragen. Immerhin werden unter dem Begriff heute viele recht unterschiedliche Methoden der Geistesschulung zusammengefasst - von spirituellen Übungen mit fernöstlichem Hintergrund bis zu weltlichen Entspannungsübungen ist alles dabei. Welches mentale Training hat welche Wirkung? Wie lang dauert es, bis sich diese einstellt? Wie verändern die Methoden unser Denken, unser Empfinden und unser Handeln? Was passiert dabei im Gehirn bzw. im Körper?

Mit dem Ziel, diese offenen Fragen systematisch zu untersuchen, haben die Forscherinnen um Tania Singer vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig vor einigen Jahren ein groß angelegtes Projekt (ReSource) ins Leben gerufen.

Mentale Trainingsmethoden

Es bestand aus drei verschiedenen Trainingsmodulen, die jeweils drei Monate dauerten. In jedem Modul wurde eine andere Methode gelehrt und geübt, an sechs Tagen der Woche für ungefähr 30 Minuten. Bei der ersten wurde Achtsamkeitstraining angeboten - hierfür wurden klassische Meditationsübungen absolviert: sich aufs Atmen konzentrieren, auf Körperteile oder einzelne externe Reize.

Illustration zur Wikrungsweise von Meditation

Max Planck Institute for Human Cognitive and Brain Sciences

Bei der zweiten ging es auch um soziale Fertigkeiten wie Mitgefühl oder Dankbarkeit. Neben der Meditation mussten die Teilnehmer zehnminütige Partnerübungen absolvieren. In sogenannten kontemplativen Dyaden mussten sich die Partner über emotionale Erfahrungen im Alltag austauschen.

Bei der dritten Methode wurden neben der klassischen Meditation erneut Zweiergespräche geführt. Im Zentrum standen soziale Aspekte: Die Teilnehmer sollten versuchen, die Perspektive ihres Gegenübers einzunehmen, aber auch unterschiedliche Sichtweisen in sich selbst zu finden, wie z.B. den „inneren Richter“ oder das „neugierige Kind“.

Während und nach den Trainingsphasen wurden mit den Probanden psychologische Tests durchgeführt. Außerdem suchten die Forscher mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) nach Veränderungen im Gehirn. Gleichzeitig wurden Anzeichen von Stress im Blut, wie z.B. beim Stresshormon Cortisol, gemessen.

Veränderungen auf allen Ebenen

Messbare Auswirkungen fanden sich zwar bei allen drei Trainingsmethoden auf fast allen Ebenen, sie waren jedoch recht unterschiedlich. Das zeigen zwei soeben erschienene Auswertungen des ReSource-Projekts.

Beim isolierten Meditationstraining fanden die Forscher vor allem Veränderungen in Hirnregionen, die mit Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis in Zusammenhang gebracht werden. Das bestätigten auch die psychologischen Tests. Soziale Fähigkeiten wie Mitgefühl und Perspektivenwechsel hatten sich durchs reine Meditieren hingegen nicht verändert.

Bei den anderen zwei Methoden war das laut den Forschern sehr wohl der Fall, auf der Verhaltensebene sowie im Gehirn. Durch die Paar-Übungen sei auch die soziale Intelligenz gestiegen.

Soziales Training

Ähnliche Unterschiede fanden sich bei der Stressreaktion. Subjektiv hatten alle Methoden den Stress reduziert. Messbare Veränderungen beim Cortisol-Spiegel fanden die Forscher jedoch nur bei jenen Teilnehmern, die auch soziale Übungen absolviert hatten. Bei ihnen war der Hormonspiegel um bis zu 51 Prozent niedriger.

Die Ergebnisse zeigen den Forschern zufolge nicht nur, wie verschiedene mentale Trainingsmethoden Stress reduzieren und sogar Gehirnstrukturen verändern können, sondern dass selbst Erwachsene ihre soziale Fähigkeiten auf relative einfache Weise trainieren können, durch kleine partnerschaftliche Achtsamkeitsübungen. Das könnte auch bei der Behandlung von Krankheiten wie Autismus helfen genauso wie im alltäglichen Miteinander.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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