Mehr als 120 Millionen fettleibige Kinder

Die Zahl extrem dicker Kinder und Jugendlicher hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehr als verzehnfacht. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren 1975 weltweit etwa elf Millionen Fünf- bis 19-Jährige fettleibig, 2016 waren es 124 Millionen. Weitere 213 Millionen Kinder sind übergewichtig.

Laut einer Studie der WHO und des Imperial College London vom Oktober des Vorjahrs sind 90 Prozent der Zunahme darauf zurückzuführen, dass mehr Kinder deutlich übergewichtig sind, nur zehn Prozent auf die wachsende Bevölkerungszahl, sagt Hauptautor Majid Ezzati vom Imperial College. In Ländern mit hohem Einkommen stiegen die Zahlen zwar nicht weiter, verharrten aber auf viel zu hohem Niveau. Alarmierend sei der Anstieg in ärmeren Ländern und solchen mit mittleren Einkommen, darunter in den bevölkerungsreichen Ländern China und Indien.

Wegen des weltweiten Bevölkerungswachstums gibt es heute generell weitaus mehr Kinder als vor 40 Jahren - die Zunahme bei Übergewicht und Fettleibigkeit wird in den WHO-Daten aber auch prozentual sehr deutlich. 1975 waren der Studie zufolge weniger als ein Prozent der Kinder und Jugendlichen fettleibig, heute sind es fast sechs Prozent der Mädchen und fast acht Prozent der Buben. „Eine erschütternde Veränderungsrate“, so Fiona Bull von der WHO. Werbung für ungesunde Snacks, hohe Preise für gesunde Nahrungsmittel, weniger Bewegung - diese Faktoren hätten zu dem Trend beigetragen.

WHO-Empfehlungen

Die WHO gibt Empfehlungen, um Fettleibigkeit in der Kindheit zu beenden: Behörden in aller Welt müssten Familien besser über gesunde Ernährung aufklären, junge Mütter animieren, mindestens sechs Monate lang ausschließlich zu stillen, in Schulkantinen gesünderes Essen anbieten und mehr Sportmöglichkeiten für Kinder schaffen. „Zu Fuß in die Schule zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren muss sicher sein“, sagt Bull. Der Kampf gegen das Rauchen habe gezeigt, dass auch Steuern auf gesundheitsschädliche Produkte erfolgreich seien.

Wer heute mit 60 Jahren fettleibig sei, habe meist im Alter von etwa 20 Jahren zugenommen, so Ezzati. Künftige Generationen seien schon im Kindesalter übergewichtig gewesen. „Je länger die Menschen zu hohes Gewicht haben, desto mehr Gesundheitsprobleme haben sie“, erklärte er. Folgen der Fettleibigkeit seien ein höheres Risiko für Diabetes, Krebs oder Schlaganfälle, bei Kindern zudem auch Mobbing in der Schule und Ausgrenzung im Jugendalter. Die Kosten für Interventionsprogramme seien deutlich niedriger als die der Behandlung von Problemen durch Übergewicht.

Österreich: Viermal so viele dicke Kinder

Übergewicht und Fettleibigkeit hängen gerade bei Kindern stark von Alter, Geschlecht und Weltregion ab. Die WHO nutzt für die Einordnung als übergewichtig oder sogar fettleibig bestimmte Abweichungsstufen von einem je nach Land ermittelten Durchschnitt. Den höchsten Anteil von Fettleibigen fanden die Forscher unter jungen Menschen in der Südsee und in wohlhabenden angelsächsischen Ländern, darunter in den USA und Australien.

In Österreich sind viermal so viele der Kinder und Jugendlichen übergewichtig wie vor 40 Jahren, 11,3 Prozent der Buben und 6,1 Prozent der Mädchen, erklärt Biostatistiker Hanno Ulmer von der Medizinuni Innsbruck, der an der Studie mitgearbeitet hat, gegenüber science.ORF.at: „Weltweit ist das Übergewicht bei Mädchen geringer ausgeprägt als bei Buben.“

Daten von 130 Mio. Menschen analysiert

In der Gesamtbevölkerung hat sich die Verbreitung von Übergewicht und Fettleibigkeit nach früheren WHO-Studien zwischen 1980 und 2014 mehr als verdoppelt. Für die Einordnung wird der Body-Mass-Index (BMI) zugrunde gelegt. Berechnet wird er so: das Körpergewicht geteilt durch das Quadrat der Körpergröße. 25 gilt als normal, 25 bis 30 als übergewichtig, 30 und mehr als fettleibig.

Für die Studie haben die Autoren Gewicht und Größe von fast 130 Millionen Menschen analysiert, darunter 31,5 Millionen zwischen fünf und 19 Jahren. Neben dem wachsenden Problem des Übergewichts seien weiter 192 Millionen Fünf- bis 19-Jährige untergewichtig, betonen die Forscher auch. Die Zahl gehe nur langsam zurück. Dennoch gelte: Wenn der Trend anhält, gebe es in fünf Jahren mehr fettleibige Kinder als solche mit Untergewicht.

science.ORF.at/APA/dpa

Mehr zum Thema