Alkohol bereitet Kokainsucht den Boden

Einer Kokainsucht gehen meist Erfahrungen mit anderen Drogen wie Alkohol, Nikotin und Marihuana voraus. Das hat nicht nur soziale, sondern auch biologische Ursachen, fand nun Medizinnobelpreisträger Eric Kandel mit Kollegen heraus.

Ratten waren viel gieriger auf Kokain, wenn sie Tage zuvor Alkohol konsumierten, berichten die Forscher in einer neuen Studie.

Das Team um den bald 88-jährigen Gehirnforscher Eric Kandel, der unermüdlich an der Columbia University in New York (USA) arbeitet, bot Ratten Kokain an, nachdem diese entweder seit zehn Tagen Zugriff auf Alkohol hatten oder nicht. Eine weitere Gruppe von Nagern bekam gleichzeitig Zugang zu den beiden Drogen. Zunächst konsumierten alle drei Versuchsgruppen Kokain in vergleichbarer Dosis, berichten die Forscher.

Verstärktes Suchtverhalten

Die Ratten, die zuvor schon Alkohol genommen haben, entwickelten aber viel stärker ein suchtähnliches Verhalten. Sie suchten beharrlicher nach Kokain und betätigten zum Beispiel den Hebel, der es zu gewissen Uhrzeiten freigab, viel öfter sinnlos, wenn gerade keine Drogen ausgegeben wurden, als die Tiere, denen Alkohol fremd war, oder die ihn gemeinsam mit Kokain kennengelernt hatten.

Außerdem ließen sich die im Vorfeld an Alkohol gewöhnten Ratten von negativen Konsequenzen nicht abhalten, zu Kokain zu greifen. Bei Menschen wäre dies zum Beispiel eine gesetzliche Strafe, bei den Ratten handelte es sich um einen moderaten Stromschlag.

Die Forscher fanden heraus, dass durch langfristigen, aber nicht durch kurzzeitigen Alkoholkonsum in einer wichtigen Gehirnregion für Belohnungslernen (Nucleus accumbens) zwei Eiweißstoffe (Hdac4 und Hdac5) abgebaut werden. Diese verändern die Verpackung der DNA normalerweise dahin gehend, dass sie sich dichter daran schmiegt und Ablesern den Zugang erschwert. Durch ihr Wegfallen wird der Weg frei für Kokain, alle möglichen Gene dort anzuschalten und das Belohnungssystem im Gehirn aufzudrehen.

Gilt auch für Nikotin

Bereits 2011 hatte der aus Wien stammende, von den Nationalsozialisten aus Österreich vertriebene Kandel mit Nikotin bei Ratten ähnliches gezeigt. Die beiden Wegbereiter für andere Drogen wirken demnach auf dieselbe Art und Weise, so die Forscher. Umgekehrt verleitete der Kokainkonsum die Ratten nicht dazu, mehr Alkohol zu trinken, sondern reduzierte sogar ihr Verlangen danach, berichten sie.

Die Neurowissenschaftler warnen davor, dass Kokain freilich auch ohne vorherigen Alkohol- und Nikotinkonsum süchtig machen kann. Doch in der Realität komme diese Situation ohnehin kaum vor, weit mehr als 90 Prozent der Kokainkonsumenten haben Erhebungen zufolge Vorerfahrung zumindest mit einer der beiden legalen Drogen.

science.ORF.at/APA

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