Frühe Erde hielt flüchtige Elemente fest

Bereits in ihren ersten Entstehungsphasen hat die frühe Erde flüchtige Elemente wie Chlor, Jod und Brom festgehalten - das zeigen neue Analysen von Meteoriten. Das passt allerdings nicht zu den gängigen Modellen.

Ein internationales Forscherteam mit Innsbrucker Beteiligung hat mit Hilfe einer neuen Analysemethode sogenannte Chondrite untersucht. Dabei handelt es sich um Meteorite, die seit ihrer Entstehung in der Frühzeit des Sonnensystems vor rund 4,5 Milliarden Jahren weitgehend unverändert erhalten geblieben sind. „Sie sind das einzige Fenster in die Anfänge der Erdgeschichte, die wir haben: sie beinhalten die Mischung des ursprünglichen Sonnensystems“, erklärt Bastian Joachim vom Institut für Mineralogie und Petrographie der Universität Innsbruck in einer Aussendung.

Gemeinsam mit Kollegen aus Großbritannien und der Schweiz hat er sogenannte Halogene in den Meteoriten untersucht. Die Messung dieser leicht flüchtigen Elemente wie Chlor, Jod oder Brom ist nicht trivial, denn sie kommen in den Meteoriten nur in extrem geringen Mengen vor. „Wir reden von zwei bis vier Atomen pro einer Million Atome“, so Joachim. Bisherige Analysemethoden stießen hier an ihre Grenzen. Mit Hilfe einer neuen Messmethode (Neutron Irradiation Noble gas mass spectrometry) konnten die Forscher die Konzentrationen von Chlor, Brom und Jod in Meteoriten in bisher unerreichter Genauigkeit bestimmen.

Haltemechanismus unklar

Bisher ging man davon aus, dass die Erde ursprünglich viel zu heiß war, um Halogene halten zu können. Denn diese Elemente verflüchtigen sich rasch bei hohen Temperaturen und man nahm an, dass sie erst später durch massive Meteoriten-Einschläge auf die bereits kühlere Erde gelangten. Die neuen Analysen zeigten aber, dass Chlor, Jod und Brom in den Chondriten in viel niedrigerer Konzentration vorkommen als in derzeit gültigen Theorien über die ursprüngliche Verteilung dieser Elemente im Sonnensystem angenommen wird. Meteoriten können damit nicht für die Menge an Halogenen verantwortlich sein, die heute auf der Erde vorhanden ist.

Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Halogene bereits von Beginn der Erdentstehung an vorhanden gewesen sein müssen. Weil das ihren Eigenschaften widerspricht, „muss es also einen Mechanismus geben, mit dem die Erde diese Elemente festgehalten hat, den wir aber noch nicht verstehen“, erklärte Joachim. Gesucht wird daher nach schlüssigen Erklärungsmodellen, etwa den Einbau der Halogene in sehr robuste Minerale.

Die Erkenntnisse haben durchaus auch Bedeutung für die heutigen Vorgänge im Inneren der Erde. „Denn Halogene gelten als sehr gute Anzeiger für das Verhalten von leicht flüchtigen Elementen im Allgemeinen“, sagt Joachim. Und diese flüchtigen Elemente beeinflussen den Grad der Zähflüssigkeit von Gesteinsschmelzen im Erdinneren und damit etwa Art und Weise von Vulkanausbrüchen sowie in noch viel größerem Maßstab den Verlauf von Massenströmen im Erdmantel. Diese sogenannte Mantelkonvektion prägt maßgeblich die Wanderung der Kontinente und die Bildung von Ozeanen und die langfristige Abkühlung der Erde.

science.ORF.at/APA

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