Mehr Waffenkäufe nach Amoklauf

Wie wirkt sich ein tragischer Amoklauf, bei dem viele Menschen erschossen wurden, auf die Bevölkerung und ihre Einstellung zu Waffen aus? Eine Datenanalyse aus den USA zeigt: Der Verkauf nimmt zu und damit auch die Unfälle.

Im Dezember 2012 stürmt ein schwer bewaffneter Schüler in die Sandy Hook Schule im US-Bundesstaat Connecticut und erschießt mehrere Lehrer und Schüler. Durch den Vorfall stieg in der Bevölkerung jedoch weder die Ablehnung von Schusswaffen noch wurden vermehrt schärfere Waffengesetze gefordert.

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Diesem Thema widmet sich auch das Morgenjournal am 8.12.

Vielmehr wurden in den fünf Monaten nach der Tat um drei Millionen mehr Pistolen und Gewehre gekauft als normalerweise in einem solchen Zeitraum, so das Ergebnis einer umfassenden Datenanalyse in den USA. Dass die Verkaufs- und Registrierungszahlen nach oben gingen, zeigt sich darüber hinaus auch in den Suchbegriffen, die auf Google zwischen 2010 und 2014 eingegeben wurden. Unmittelbar nach dem Massaker suchten die Menschen deutlich häufiger nach Möglichkeiten, um Waffen zu kaufen bzw. nach Tipps, wie sie ihre bereits erworbenen Gewehre und Pistolen reinigen können.

Diskussion um Gesetzsänderung

Dass die Forscher den Untersuchungszeitraum auf fünf Monate angelegt haben, ist kein Zufall. Vielmehr deckt sich der Zeitraum mit der Dauer der Debatte um schärfere Waffengesetze, wie sie der damalige US-Präsident Barack Obama anlässlich der Tragödie in der Sandy Hook Schule forderte.

„Obama schlug in seiner Rede am 16. Jänner 2013 spezifische Gesetzesänderungen vor und diskutierte diesen Vorschlag öffentlich am 12. Februar. Die Suchaktivitäten in Bezug auf Kauf und Reinigung einer Waffe, schossen unmittelbar danach wieder nach oben“, schreiben die Ökonomen Robin McKnight und Phillip Levine in ihrer Studie im Fachjournal Science.

Mehr Käufe, mehr Tote

Die Zunahme von Waffen nach dem Amoklauf 2012 blieb nicht ohne Folgen. Der US-Studie zufolge gab es in den fünf Monaten nach dem Amoklauf um etwa ein Drittel mehr tödliche Unfälle mit Waffen: 270 statt 210 (so viele Personen sterben durchschnittlich innerhalb eines Zeitraums von fünf Monaten an den Folgen). Vor allem Kinder waren davon betroffen - so starben insgesamt 46 Kinder unter 14 Jahren und damit sogar um zwei Drittel mehr als sonst. In der Studie plädieren die Forscher deshalb auch für schärfere Gesetze, die eine sichere Aufbewahrung von Waffen regeln.

Wie aktuelle Berichte zeigen, scheint derzeit eher das Gegenteil der Fall zu sein. So hat das US-Repräsentantenhaus gerade einen Gesetzesentwurf zur Lockerung der Beschränkungen beim verdeckten Tragen von Waffen beschlossen. Noch fehlt dem Entwurf die Zustimmung des Senats.

Forschung unerwünscht

Generell wehren sich in den USA viele gegen schärfere Waffenvorschriften. Das schlägt sich auch in der Forschung selbst nieder: Studien - wie die im Fachjournal Science publizierte - sind eher die Ausnahme. Auf dieses Problem weisen Forscher ebenfalls in Science hin. In den letzten Jahren wurden die Fördergelder für wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema gekürzt - mit Ausnahme der Präsidentschaft von Barack Obama, in der auch die vorliegende Studie durchgeführt wurde.

Auch in Österreich scheinen Waffen generell beliebter zu werden. Derzeit sind über eine Million registriert - das sind um 100.000 mehr als noch vor zwei Jahren.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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