USA: Übergewicht kostet ein Lebensjahr

Weil es immer mehr dicke Menschen gibt, ist die Lebenserwartung in den USA langsamer gestiegen als in vergleichbar wohlhabenden Ländern. Wie Forscher berechnet haben, kostet das Übergewicht statistisch betrachtet fast ein ganzes Jahr Lebenszeit.

Bei der Lebenserwartung hinken die USA seit einigen Jahren hinterher. In ähnlich entwickelten und wohlhabenden Ländern wie zum Beispiel Österreich, Deutschland, Japan und Großbritannien werden die Menschen im Schnitt um 2,2 Jahre älter.

In manchen Teilen der US-Bevölkerung sterben heute prozentuell sogar wieder mehr Menschen als früher, zum Beispiel bei Weißen in den mittleren Jahren, insbesondere betroffen sind Frauen, wie die Forscher um Samuel H. Preston von der University of Pennsylvania in ihrer aktuellen Arbeit schreiben. Manche gesundheitliche Entwicklungen spiegeln diesen Umstand: Die Sterberate durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt seit Kurzem nicht mehr; auch die Sterbefälle infolge von Krebs gehen nicht so schnell zurück wie in anderen Ländern.

Übergewicht unter Verdacht

Hauptverdächtig als Auslöser der vergleichsweise lahmen Entwicklung der Lebenserwartung ist den Forschern zufolge das Übergewicht, das die USA in den letzten Jahren ähnlich einer Epidemie erfasst hat. 1980 waren ungefähr 15 Prozent der US-Bürgerinnen und Bürger übergewichtig. 2014 waren es bereits 38 Prozent.

Für die aktuelle Untersuchung hat das Team im Speziellen die Lebenserwartung bzw. die Sterblichkeit der 40- bis 84-Jährigen analysiert. Die Stichprobe aus zwei nationalen Gesundheitsdatenbanken umfasste mehr als 25.000 Personen. Als Maß für das Übergewicht berechneten die Forscher einen „Maximum Lifetime-BMI“ (Body Mass Index) . Dabei zeigte sich, dass 2011 etwa 52 Prozent der 40- bis 84-Jährigen mindesten einmal in ihrem Leben übergewichtig waren; circa 20 Jahre früher waren es noch um zwölf Prozent weniger gewesen. Diese Zunahme habe die Lebenserwartung für 40-Jährige um 0,9 Prozent reduziert. Umgerechnet bedeutet das etwa 186.000 Todesfälle mehr (im Jahr 2011).

Positive Trends weniger wirksam

Diese Entwicklung konterkariere andere positive Trends, wie zum Beispiel zum Nichtrauchen. In den analysierten zwei Jahrzehnten hat der Anteil der Raucher immerhin um zehn Prozent abgenommen. „Wir schätzen, dass das zunehmende Übergewicht für die Sterblichkeit doppelt so wirksam war wie der Rückgang bei den Rauchern“, so Preston in einer Aussendung.

Wären die Menschen nicht so viel dicker geworden, wäre die Sterblichkeit in der untersuchten Altersgruppe um 0,5 Prozentpunkte stärker zurückgegangen, so die Berechnung der Forscher. Zum Vergleich: In Österreich ist die Sterblichkeit in der untersuchten Altersgruppe von 1988 bis 2011 um 2,48 Prozent zurückgegangen. In den USA waren es nur 1,53 Prozent.

Ohne Übergewicht wäre die durchschnittliche Lebenserwartung für 40-jährige US-Bürger im Jahr 2011 fast um ein ganzes Jahr höher gewesen, so die Forscher. Ihr Fazit: Weil es immer mehr dicke Menschen gibt, sind die Fortschritte beim Rauchen und in der medizinischen Versorgung in den USA weniger wirksam als anderswo.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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