Archäologen dürfen zurück nach Ephesos

Die österreichischen Archäologen dürfen ihre Grabungstätigkeit in der antiken Stadt Ephesos wieder aufnehmen. Dies teilte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu in einer Pressekonferenz mit FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl mit.

„Durch die Ereignisse und Schritte in Österreich haben wir die archäologischen Unternehmen in Ephosos gestoppt. Wir möchten diese wieder aufnehmen“, so Cavusoglu nach einem Treffen mit Kneissl im geschichtsträchtigen Dolmabahce-Palast in Istanbul. Er sprach davon, dass die Grabungen „eine gewisse Symbolkraft für Österreich“ hätten.

Erwartungen übertroffen

Kneissl zeigte sich erfreut über den Schritt der türkischen Seite und betonte, dass ihre Erwartungen an den Besuch übertroffen worden sei. Ephesos sei eine symbolische Frage. „Das ist eine wissenschaftliche Arbeit mit einer wirtschaftlichen, touristischen Dimension, die uns schon seit 1895 verbindet“, so Kneissl.

Die österreichischen Archäologen hatten ihre Arbeit im September 2016 einstellen müssen. Es handelte sich auf eine Reaktion auf die ultimative Forderung Österreichs, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen.

Ladstätter erleichtert

Überwältigt zeigte sich die Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAW), Sabine Ladstätter, wenige Minuten nachdem sie in Abu Dhabi die Nachricht von der Erlaubnis zur Wiederaufnahme der Grabungstätigkeit in Ephesos erhalten hat. „Das ist unglaublich, die Erleichterung ist groß“, sagt sie zur APA.

Man habe vor Weihnachten den Antrag auf Erteilung der Grabungsgenehmigung bei den türkischen Behörden eingereicht. Außenministerin Karin Kneissl habe ihr zugesichert, die Sache persönlich in die Hand zu nehmen. Üblicherweise würde die Grabungssaison in Ephesos im März beginnen, aufgrund der neuen Situation werde sie aber voraussichtlich bereits kommende Woche in die Türkei reisen.

Grabungen seit 1895

Ephesos war eine der bedeutendsten Städte des Altertums, die mit dem Heiligtum der Artemis eines der Sieben Weltwunder der Antike besaß. Österreichische Archäologen gruben seit 1895 in Ephesos, im September 2016 mussten sie aufgrund der diplomatischen Spannungen ihre Tätigkeit einstellen.

Als Deutschland in Troja große wissenschaftliche Entdeckungen feierte und die Briten in Ägypten ihre archäologischen Lorbeeren ernteten, war auch die Österreichisch-Ungarische Monarchie auf der Suche nach einer repräsentativen antiken Grabung. Troja-Entdecker Heinrich Schliemann und Vertreter des Osmanischen Reichs rieten den Österreichern zu dem an der Westküste des Landes gelegenen Ephesos.

Hadrianstempel in Ephesos

URSULA QUATEMBER/ÖAI

Hadrianstempel in Ephesos

Den österreichischen Archäologen unter der Leitung von Otto Benndorf gelangen schon in den ersten Jahren der Grabung sensationelle Funde, wie 1903 der Parther-Fries, das bedeutendste Relief römischer Zeit in Kleinasien, das zur Feier des römischen Sieges über die Parther (161-165 n. Chr.) errichtet worden war. Noch heute ist dieser Fries das Prunkstück des Ephesos-Museums in Wien. In den folgenden Jahren konnten weitere bedeutende Bauten freigelegt werden. Die ersten in dieser Reihe waren die frühchristliche Marien-und die Johanneskirche.

Die „Auferstehung“ von Ephesos als Ruinenstadt und Anziehungspunkt für Touristen begann in den 1950er Jahren mit der Freilegung der Kuretenstraße. Unter den Grabungsleitern Franz Miltner und Fritz Eichler unter der Patronanz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erfolgte die erste Wiedererrichtung: der Hadriantempel. Auch die berühmten Artemisstatuen erblickten damals zum zweiten Mal das Licht der Welt. Die als „Hanghäuser“ bekannt gewordenen römischen Luxus-Wohnbauten wurden in den 60er-Jahren ausgegraben. Mit Hilfe einer neuen, modernen Dachkonstruktion geschützt, konnten sie 2006 für Besucher wieder zugänglich gemacht werden. 1978 wurde nach zehnjähriger Arbeit die Wiedererrichtung der Celsusbibliothek abgeschlossen.

UNESCO-Welterbe

Die UN-Kulturorganisation UNESCO hatte die Ausgrabungsstätte Ephesos (Türkei) 2015 in die Welterbeliste aufgenommen. Sie bezeichnete Ephesos als ein „herausragendes Beispiel für eine von Umweltfaktoren geprägten Siedlungslandschaft und außergewöhnliches Zeugnis der kulturellen Traditionen der hellenistischen, römischen, christlichen und türkischen Zeit“.

Der Stopp der österreichischen Grabungen 2016 war ein schwerer Schlag für die Archäologen - alljährlich waren um die 250 Wissenschaftler aus bis zu 20 Ländern an dem Projekt beteiligt. Der vom türkischen Außenministerium angeordnete Schritt sei mit „Fassungslosigkeit“ in der Wissenschaftscommunity aufgenommen worden, sagte die Direktorin des Österreichischen Archäologichen Instituts (ÖAI) und Grabungsleiterin, Sabine Ladstätter, damals.

Betroffen war aber nicht nur die Grabung in Ephesos, auch die Arbeiten in Limyra mussten eingestellt werden und österreichische Archäologen erhielten keine Forschungsvisa mehr. Im September des Vorjahres gab es dann Zeichen der Entspannung, als die Türkei heimischen Wissenschaftler wieder erlaubte, in türkischen und internationalen Projekten tätig zu sein. Die Grabungslizenzen für Ephesos und Limyra blieben damals aber noch blockiert.

science.ORF.at/APA

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