Wie autonome Autos um die Ecke „sehen“

Selbstfahrende Autos könnten mit Hilfe von Lasertechnik Gefahren erkennen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Ingenieure der Stanford University sind dieser Vision einen Schritt näher gerückt.

Wenn ein Ball auf die Straße rollt, ist für Autofahrer bekanntlich Vorsicht geboten. Denn wo ein Ball ist, folgt nicht selten auch ein Kind. Gefährlich wird die Situation allerdings dann, wenn der Lenker gerade abbiegt und im verbauten Gebiet keinen Einblick in die Nebenstraße hat.

Dafür gäbe es im Prinzip eine technische Lösung, berichten Forscher um Gordon Wetzstein im Fachblatt „Nature“. „Es kling ein bisschen wie Zauberei, aber Sehen ohne Sichtverbindung ist tatsächlich möglich“, sagt der Elektroingenieur von der Stanford University.

Laser plus Lichtsensor

Das Grundprinzip des künstlichen Sinnesorgans: Man kombiniere eine Lichtquelle, in diesem Fall ein Laser, mit einem ultraempfindlichen Lichtsensor und montiere beide Geräte an der Front des Autos. Das ausgesandte Laserlicht wird von Hauswänden reflektiert, wandert daraufhin in alle Richtungen - unter anderem bis in die Nebenstraße, wo es auf Objekte trifft, die ihrerseits Licht reflektieren.

Auf diese Weise finden einige Lichtteilchen ihren Weg zurück zum Detektor des Autos. Droht eine Kollision, leitet der Bordcomputer schon beim Abbiegen ein Bremsmanöver ein. Und verhindert so Unfälle, die - im Wortsinn - nicht vorherzusehen sind.

Das ist das Idealszenario, noch sind die Wissenschaftler nicht so weit: Der Schwachpunkt in der Kausalkette liegt, wie Wetzstein und seine Kollegen in ihrer Studie schreiben, in der Optik des Systems. Lichtdetektoren sind zwar so empfindlich, dass sie sogar einzelne Photonen registrieren können. Aber das Zusammensetzen der Signale zu einem halbwegs klar umrissenen Gesamtbild in 3D dauert - je nach Lichtverhältnissen - Minuten oder Stunden, jedenfalls noch zu lange für den Straßenverkehr.

Test: Warnwesten bereits sichtbar

Der Rest, vor allem die Verarbeitung durch den Computer, wäre laut Studie schon für die Praxis bereit. Versuche zeigen: Würde man das System mit heute verfügbarer Lichttechnik (Lidar genannt) kombinieren, könnte ein dergestalt ausgerüstetes Auto immerhin verborgene Straßenschilder und Sicherheitswesten erkennen.

Mit Menschen ohne reflektierende Kleidung hätte es allerdings noch Schwierigkeiten - eine technische Hürde, die die Forscher in den nächsten Jahren nehmen wollen: Nun gehe es darum, das System genauer und schneller zu machen. Oder, wie Wetzstein es ausdrückt, „praxistauglich für die freie Wildbahn“.

Robert Czepel, science.ORF.at

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