Paradox: Beliebte Tiere besonders gefährdet

Giraffen, Löwen und Elefanten gehören zu den beliebtesten Tierarten – und paradoxerweise gerade deshalb zu den am stärksten bedrohten: Denn diese Tiere kommen so oft in den Medien vor, dass viele Menschen ihre Gefährdung ignorieren.

Für ihre Studie hatten Forscher um den Ökologen Franck Courchamp von der Universität Paris-Sud mehr als 4.700 Menschen in Frankreich, Spanien, England und den USA gefragt, welche Wildtiere sie am charismatischsten finden.

Am beliebtesten waren Tiger, Löwen, Elefanten und Giraffen, so Courchamp gegenüber science.ORF.at: „Was uns überrascht, ist, dass die Menschen nur von wenigen dieser Tiere wissen, dass sie bedroht sind.“ Zwar wussten die meisten Menschen, dass der Tiger zu den bedrohten Tierarten zählt. Bei den Giraffen und Löwen aber dachten circa 60 Prozent der Teilnehmer, dass sie nicht gefährdet seien. Und hielten es daher nicht für nötig, sich für den Schutz der Arten einzusetzen.

Mehr Löwen in Bildern als in Westafrika

„Menschen denken, dass ihre Lieblingstiere häufig in der Natur vorkommen, weil sie sie ständig in Büchern, Filmen und in der Werbung sehen“, vermutet Courchamp. Er und seine Kollegen analysierten Zeichentrickfilme von Disney und Pixar und stellten fest, dass die besagten Tiere dort am häufigsten zu sehen waren.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 13.4., 13:55 Uhr.

42 Studienteilnehmer baten sie daraufhin, eine Woche lang zu notieren, wie oft sie beispielsweise das Bild eines Löwen auf Plakaten, in Büchern, im Fernsehen und im Internet sahen: „Durchschnittlich sah eine Person mehr als vier Löwen an einem Tag. Das bedeutet, dass sie in einem Jahr mehr mit Bildern von Löwen konkfrontiert war, als in Westafrika leben. Dort gibt es nur noch 400 Tiere.“

Brüllender Löwe

AFP PHOTO/Pablo PORCIUNCULA

Der König ist gefährdet

Laut der Umweltorganisation WWF ist ein Fünftel der 5.500 Säugetierarten auf der Erde entweder gefährdet oder vom Aussterben bedroht. In der Forschung geht man davon aus, dass der Artenschutz vor allem bekannten und beliebten Tierarten nützt.

Verzerrte Wahrnehmung

Das Ökologenteam rund um Franck Courchamp bezweifelt das: Die Bestände der vier beliebtesten Tiere - Tiger, Löwe, Elefant und Giraffe - seien dramatisch zurückgegangen. So ist beispielsweise die Zahl der Giraffen heute um 40 Prozent geringer als noch vor drei Jahrzehnten.

„Während es noch 100.000 Giraffen gibt, wurde das Gummispielzeug ‚Sophie la girafe‘ in Frankreich 2010 achtmal so oft verkauft“, sagt Courchamp. Der Ökologe kritisiert die verzerrte Wahrnehmung, die entstehe, wenn „ein Tier in unserer Kultur öfter vorkommt als in der Natur“. Er sieht daher die Unternehmen in der Pflicht. Sein Vorschlag: „Wer Bilder von Tieren verwendet, sollte auch einen Teil des Gewinns in den Artenschutz stecken.“

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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