„Verdrängte Jahre“ der ÖBB-Geschichte

Eine Ausstellung in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen beleuchtet die Rolle der Bundesbahnen im Nationalsozialismus von 1938 bis 1945: Die Schau „Verdrängte Jahre“ ist bis 24. August zu sehen.

Die Bahn war eine der wichtigsten Stützen des Nazisystems. Ohne sie wäre die Kriegslogistik der deutschen Wehrmacht nicht machbar gewesen. Und ohne sie wäre der systematische Mord an den europäischen Juden, Roma und Sinti, Homosexuellen, Zeugen Jehovas, politisch Andersdenkenden, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern nicht möglich gewesen.

Ausstellung

„Verdrängte Jahre“: zu sehen bis 24. August im Mauthausen Memorial, täglich von 9 bis 17.30 Uhr. Eintritt frei. Schautafeln sind auch an den Bahnhöfen St. Valentin, Mauthausen und St. Georgen an der Gusen zu sehen.

Drei Millionen Menschen aus fast ganz Europa wurden im Zweiten Weltkrieg mit Zügen in die Vernichtungslager des NS-Regimes transportiert. Durch die Deportation war die Deutsche Reichsbahn, in die auch die Österreichischen Bundesbahnen (damals BBÖ) integriert war, unmittelbar am Holocaust beteiligt und mit ihr auch die ehemals österreichischen Eisenbahner, die zwischen 1938 und 1945 Bedienstete der Reichsbahn waren.

Unerforschtes Kapitel

Diese zentrale, aber jahrelang unerforschte und auch ausgeblendete Rolle wird in der Ausstellung „Verdrängte Jahre“ beleuchtet. Sie informiert unter anderem über den „Anschluss“ an Hitlerdeutschland und die danach durchgeführten Transporte.

Stacheldraht vor dem ehemaligen KZ Mauthausen

JOE KLAMAR / AFP

Blick auf das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen

So ist eine Landkarte zu sehen, auf der die Entfernungen von Wien in die einzelnen Konzentrationslager und Ghettos eingetragen sind. Auch den Bahnbediensteten ist ein Kapitel gewidmet. Sie hatten strengere Regeln als Berufsbeamte zu befolgen, mussten „jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat eintreten“ und wurden flächendeckend überwacht.

Sabotage in der „Ostmark“

Dennoch waren etliche von ihnen maßgeblich am Widerstand beteiligt. Das Reichssicherheitshauptamt stellte in einem Bericht im Jahr 1941 fest, dass die „Ostmark“ seit dem Ausbruch des Krieges 1939 in sabotagepolizeilicher Hinsicht im Vergleich zum „Altreich“ eine größere Rolle spielte, „da hier die fremdländischen Nachrichtendienste und die inländischen Gegnergruppen es bereits früher verstanden hatten, Sabotageorganisationen aufzubauen“. 154 Eisenbahner wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. 1.438 wurden zu KZ- oder Zuchthausstrafen verurteilt, 135 starben dort.

Gleisverbindung zum KZ

Die Eröffnung der Ausstellung erfolgte unter anderem mit Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP), der israelischen Botschafterin in Österreich Talya Lador-Fresher, dem Präsidenten der israelitischen Religionsgesellschaft IRG Oskar Deutsch, dem Vorstandsdirektor der ÖBB-Holding AG Josef Halbmayr und der Direktorin des Mauthausen Memorial Barbara Glück am Dienstag am Bahnhof in Mauthausen.

Dort trafen ab 1938 per Zug tausende spätere Gefangene ein und traten anschließend den Weg zum mehrere Kilometer entfernten Konzentrationslager an. Zum System gehörte auch ein an den Bahnhof angebundenes Feldbahnsystem, das nicht nur das KZ mit seinen Außenlagern verband. Es diente auch dazu, die von den Gefangenen abgetragenen Steine zur normalen Bahnstrecke zu bringen, wo sie mit Güterzügen weiter transportiert wurden. In Mauthausen und seinen Nebenlagern waren rund 200.000 Menschen eingesperrt, rund die Hälfte überlebte diese Vernichtungsmaschinerie nicht.

science.ORF.at/APA

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