Roboter baut Ikea-Sessel zusammen

Ob dieses Experiment Intelligenz beweist, ist fraglich. Geschicklichkeit beweist es allemal: Ein Roboter aus Singapur hat die Einzelteile eines Ikea-Sessels erfolgreich zusammengebaut. Montagezeit: acht Minuten und 55 Sekunden.

Der Triumph des Computerprogramms AlphaGo über zwei der weltbesten Go-Spieler in den Jahren 2016 und 2017 wurde auch von den schärfsten Kritikern der Künstlichen Intelligenz als Fall einer Bastion angesehen. Als Beleg dafür, dass die Maschine den menschlichen Geist endgültig überflügelt hat.

Nun, das mag für formalisierbare Spiele wie Schach und Go tatsächlich gelten. Allerdings ließe sich ins Treffen führen, dass sich echte Intelligenz auch im Praktischen bewähren muss. Bei Aufgaben etwa, zu deren Bewältigung es neben Logik auch Voraussicht und Geschicklichkeit bedarf. Da muss ein Computerprogramm, und sei es noch so klug, natürlich passen.

Industrieroboter im Test

Solch einen Elchtest praktischer Fertigkeit haben nun Forscher von der Nanyang Technological University in Singapur vorgestellt. Die Aufgabe lautete: Hier liegen die Einzelteile eines Ikea-Stuhls, wir bitten um Montage. Zur Tat schritt ein mit Sensoren, einer 3-D-Kamera und zwei Greifarmen ausgestatteter Roboter.

Wie die Forscher im Fachblatt „Science Robotics“ berichten, waren die Teile des Stuhls, Modell „Stefan“, zunächst zufällig in Griffweite verteilt. Die Maschine musste also das tun, was auch ein Mensch in dieser Situation machen würde. Sie musste die Holzstifte als solche erkennen, sie in die vorgebohrten Löcher stecken - sowie Beine, Lehne und Streben in der richtigen Reihenfolge zusammensetzen. Was der Maschine auch gelang.

Die reine Montage dauerte acht Minuten und 55 Sekunden. Kein schlechter Wert, allerdings fielen für die Planung der Bewegungen nochmals elf Minuten an - das hätte ein Mensch wohl schneller geschafft. Aber man soll nicht kleinlich sein: Dass die aus der Industrie stammende Hardware solche Aufgaben bewältigen kann, ist zweifelsohne erstaunlich. Vor allem, weil die Aktionen nicht von vornherein einprogrammiert wurden. Was der Roboter von den Forschern mitbekam, war der Entscheidungsbaum der richtigen Arbeitsschritte, den Rest erledigte er autonom.

Was ist praktische Intelligenz?

Ob das als Zeichen praktischer Intelligenz zu werten ist, hängt freilich davon ab, wie weit man den Begriff fassen möchte. Die Leistung der Maschine schmälern könnte man etwa mit dem nicht ganz fairen Hinweis, dass der Einkauf noch von den Forschern erledigt wurde, die Orientierung im Möbelhaus ist ja auch keine ganz einfache Sache. Zugegeben, Einkaufen geht ohne Beine schwer, aber zumindest Auspacken hätte der Roboter den Stuhl können.

Zu unvorhergesehenen Materialproblemen kam es auch nicht, die Holzstifte passten offenbar akkurat ins Loch. Das muss, wie erfahrene Kunden des schwedischen Möbelherstellers wissen, nicht immer so sein. Auffällig ist überdies, dass die Maschine während der ganzen Montagezeit Seelenruhe beibehielt. Wohl deshalb, weil sie gar keine Seele besitzt.

Solche Einwände ließen sich auf die eine oder andere Art parieren, wären die Forscher nicht so ehrlich gewesen, auch die typischen Fails des Roboters in einem Video zusammenzustellen: Hier erscheint die Mechanik der Maschine nicht mehr ganz so souverän wie zuvor. Raum für die Rettung der menschlichen Überlegenheit bleibt also noch: Die Bastion Ikea-Stuhl geben wir nicht kampflos auf.

Robert Czepel, science.ORF.at

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