Persönliche Blicke auf Karl Marx

Karl Marx hat die Macht des Kapitals beschrieben - aber mit Geld hat er selbst gar nicht umgehen können. Drei Ausstellungen in seiner Heimatstadt Trier zeichnen zu seinem 200. Geburtstag am 5. Mai ein persönliches Bild des Philosophen.

Seine Frau Jenny habe das Familiensilber immer wieder zum Pfandhaus getragen. „Es war ein ständiges Auf und Ab“, sagte die Direktorin des Stadtmuseums Simeonstift, Elisabeth Dühr. „Und in Marx’ Londoner Zeit war es oft so schlimm, dass er das Haus nicht verlassen konnte, weil sein Gehrock auch im Pfandhaus war.“

Armut als ständiger Begleiter

Neue Einblicke in das Leben Marx’: Diese macht eine rheinland-pfälzische Landesausstellung „Karl Marx 1818 - 1883. Leben. Werk. Zeit.“ möglich, die zum runden Geburtstag in zwei Museen öffnet. Dafür geht es zurück zu den Anfängen: „Wir versuchen, aus seiner Zeit heraus Marx näherzukommen, ihm quasi auf Augenhöhe zu begegnen“, sagte Dühr am Donnerstag bei der Präsentation der Ausstellung. Ziel ist es, ein differenzierteres Bild des Philosophen zu bekommen. „Er ist ja ideologisch so verkrustet und umstellt. Entweder glorifiziert oder verhasst - aber über sein Leben weiß man wenig.“

Karl-Marx-Ausstellung im Stadtmuseum Trier

Stadtmuseum Trier

Karl-Marx-Ausstellung im Stadtmuseum Trier

Ihr Haus zeichnet die Lebensstationen von Marx nach: von Trier, wo er die ersten 17 Jahre verbrachte, über Bonn, Berlin, Köln, Paris, Brüssel bis nach London. Und sie verbindet das Persönliche mit dem Historischen: Anhand von Gemälden, Dokumenten und Briefen sollen „Leben, Orte und Zeit greifbar gemacht werden“, sagte sie. „Armut war ein ständig wiederkehrender Begleiter, nicht nur persönlich.“

Die Einbettung in die Geschichte - das ist das Besondere dieser kulturhistorischen Ausstellung. Für die Schau mit einem Budget von 5,1, Millionen Euro seien so viele Exponate zu dem Visionär zusammengetragen worden wie nie zuvor: mehr als 400 Exponate von 110 Leihgebern aus elf Ländern. Zu den Topadressen gehören das Victoria and Albert Museum in London, die Eremitage in St. Petersburg und das Musee d’Orsay in Paris.

Auf der Suche nach Bild ohne Vorurteilen

Einen neuen Blick auf Marx werfen - das will auch das Rheinische Landesmuseum Trier, wo der intellektuelle Marx mit seinem Werk im Fokus steht. Auf der Grundlage neuer Forschungsergebnisse gehe man auf die Suche nach einem „vorurteilsfreien Marx-Bild“, sagte die wissenschaftliche Leiterin der Landesschau, Beatrix Bouvier. Die Ausstellung nehme die „längst überfällige Historisierung“ vor, um „einen unverstellten, von späterer Dogmatisierung befreiten Blick“ auf den Denker zu bekommen.

Gedenkblatt zum Vereinigungskongress in Gotha, 1875

Internationales Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam

Gedenkblatt zum Vereinigungskongress in Gotha, 1875

So spürt man Marx nach: beispielsweise in einem Raum, der einem Lesesaal der British Library in London nachempfunden ist. „Er hat da gelesen wie ein Besessener“, sagte Museumsdirektor Marcus Reuter. Was alles, können Besucher an auf die Wände gedruckten Regalen mit zig hundert Büchern sehen - von Indien über Sklaventum bis Population. Längst nicht nur Ökonomie eben.

Man kann auch Marx im Original lesen: beispielsweise in handschriftlichen Notizheften, in denen er seine Ideen für „Das Kapital“ festhielt, oder in seinem persönlichen Exemplar der Erstausgabe, das er mit Anmerkungen versehen hat. Diese Exponate aus dem Internationalen Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam seien erstmals in dieser Form zu sehen, hieß es. Zu den Highlights gehören auch das Doktordiplom von Marx und eine Sammlung von 247 internationalen Ausgaben des „Kommunistischen Manifests“ in 59 Sprachen und Dialekten.

Marx begreifen

Schließlich können Besucher Marx noch begreifen: Mit einer raumhohen Installation - der Marx-Maschine -, wo das für viele unverständliche „Kapital“ anhand von Fließbändern und Bildern übersetzt wird. Und im Stadtmuseum Simeonstift ist erstmals eine Bleistiftzeichnung zu sehen, die den jungen Marx zeigt. Sie stamme aus Privatbesitz und gelte „als das älteste Bildnis von Karl Marx weltweit“, sagte Dühr.

Ergänzend zur großen Marx-Schau gehen am Jubiläumstag noch zwei Partnerausstellungen an den Start. Das Museum am Dom geht künstlerisch in „LebensWert Arbeit“ zeitgenössischen Aspekten nach. Und das Museum Karl-Marx-Haus, das Geburtshaus von Marx, nimmt in einer neuen Dauerausstellung unter dem Titel „Von Trier in die Welt: Karl Marx, seine Ideen und ihre Wirkung bis heute“ den umstrittenen Denker bis zur Gegenwart in den Blick.

Marx wurde am 5. Mai 1818 in Trier geboren und verbrachte die ersten 17 Jahre seines Lebens dort. Er gilt als geistiger Vater des Kommunismus. Im Marx-Jahr stehen insgesamt 600 Einzelveranstaltungen in Trier auf dem Programm: von Konzerten über Kunst bis zu Kongressen.

Birgit Reichert/dpa

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