Bio könnte Österreich ernähren

Würden sie weniger Fleisch essen, könnten die Österreicher ausschließlich von heimischen Bioprodukten leben, haben Wiener Forscher berechnet. Man wäre weniger von Futterimporten abhängig, die Ernährung wäre gesünder, und die Umwelt würde profitieren.

Mit ausschließlichem Biolandbau könne man jedenfalls die Nahrungsmittelversorgung der gegenwärtigen österreichischen Bevölkerung sicherstellen, wie die neue Studie von Thomas Lindenthal und Martin Schlatzer vom Zentrum für Globalen Wandel der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien und vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) im Auftrag der Initiative „Mutter Erde“ zeigt. Dafür müssten die Österreicher jedoch entweder um zehn Prozent weniger Fleisch konsumieren oder die vermeidbaren Lebensmittelabfälle um ein Viertel reduzieren.

ORF-Schwerpunkt „Mutter Erde“

„Schau, wo dein Essen herkommt!“ unter diesem Motto steht der „Mutter Erde“-Schwerpunkt des ORF von 23. Mai und 1. Juni.

Pro Jahr benötigen die Österreicher 6.816 Milliarden Kilokalorien für ihre Ernährung. Beim gegenwärtigen Ernährungsstil mit übermäßig hohem Fleischkonsum und sehr vielen vermeidbaren Lebensmittelabfällen könnte man das Land nicht ausschließlich mit Biolandbau ernähren, denn dieser könne laut ihren Berechnungen nur 6.599 Milliarden Kilokalorien produzieren, sagt Schlatzer. Deshalb seien eine Verringerung des Fleischkonsums und der Abfälle essenziell.

Hoher Bedarf an Futtermittel

In Österreich würde momentan für die Produktion von Kraftfuttermitteln wie Mais und Soja mehr als die Hälfte der Ackerflächen verwendet. „Österreich importiert außerdem jedes Jahr etwa eine halbe Million Tonnen Sojafuttermittel, zum größten Teil gentechnisch verändertes Soja aus Brasilien, Argentinien und den USA“, erklärt Schlatzer. Diese große Importabhängigkeit könnte stark reduziert bis vermieden werden. Auch für die Gesundheit der Bevölkerung wäre eine Umstellung positiv: „In Österreich ist der Fleischkonsum dreimal höher als empfohlen und für verbreitete schwere Gesundheitsprobleme verantwortlich“, so Schlatzer.

Eine Veränderung hin zu Biolandbau und Reduktion des Fleischkonsums sehen die Experten als Gewinn für alle: „Die Konsumenten profitieren dann von gesunden Lebensmitteln und mehr Transparenz, die Umwelt von weniger Intensität, die Bauern von höherer Wertschöpfung und die Österreicher von intakter Natur und geringeren Kosten“, so die Geschäftsführerin von „Mutter Erde“, Hildegard Aichberger.

„Bio-Vorreiterland“

Österreich sei schon heute ein „Bio-Vorreiterland“. 2017 wurden 24 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche von 23.000 Betrieben biologisch bewirtschaftet. Der Biolandbau bringe den Bauern eine höhere Wertschöpfung und dadurch Vorteile im internationalen Wettbewerb. Außerdem sei er nachgewiesenermaßen das System mit der höchsten Nachhaltigkeit, sagt Lindenthal. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sei bei Biolandbau geringer und seine Treibhausgasbilanz besser als bei der konventionellen Landwirtschaft.

Durch die präsentierte Studie sei nun belegt, dass ganz Österreich biologisch ernährt werden kann, nun sei die Politik gefragt, erklärt Greenpeace-Landwirtschaftssprecher Sebastian Theissing-Matei: „Agrarförderungen müssen daher umweltfreundliche Betriebe verstärkt belohnen.“ Er forderte auch eine verpflichtende, hohe Bioquote für die mehreren hundert Millionen Mahlzeiten, die jährlich in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen ausgegeben werden.

science.ORF.at/APA

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