Illusion lässt Finger schrumpfen

Zauberkunststücke tricksen geschickt unsere Wahrnehmung aus. Manchmal ist die Täuschung so wirksam, dass sie selbst wider besseres Wissen fortbesteht: Demonstriert haben das Forscher nun mit einem „verkürzten“ Finger.

Es beginnt mit einem einzigen kleinen Ball, den der Magier zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Mit jeder Handbewegung erscheint aus dem Nichts ein weiterer Ball zwischen den restlichen Fingern - der sogenannte Chicagoer Billardballtrick zählt zu den Zauberklassikern.

Man braucht dafür nicht nur die entsprechende Fingerfertigkeit, sondern auch das richtige Material. Die zusätzlichen Bälle sind nämlich in Wahrheit nur halbe Bälle und umschließen den Ausgangsball. Während der Zauberer seine Hand blitzschnell dreht, befördert er eine Halbschale zwischen das nächste Fingerpaar - der Rest ist Illusion. D.h., den Zuschauern fällt gar nicht auf, dass den Bällen eine Hälfte fehlt.

Getäuschte Wahrnehmung

Tricks wie diese zeigen, wie unsere Wahrnehmung funktioniert - nicht zuletzt deshalb sind sie ein beliebtes Experimentierfeld der Psychologie. Halbe Bälle, die - wie beim Billardballtrick - ganz aussehen, standen auch im Mittelpunkt der aktuellen Arbeit der Forscher um Vebjorn Ekroll von der Universität Leuven.

Ihrer Ansicht nach ist die Illusion des kompletten Ball nämlich keine intellektuelle Leistung im engeren Sinn, sondern einfach eine Folge unserer Art der Wahrnehmung. Selbst wenn wir nur die Vorderseite eines Objekts sehen, erzeugen wir automatisch auch eine visuelle Repräsentation der unsichtbaren Rückseite - so die Idee. Nur deswegen funktioniere auch der Balltrick so gut.

Nicht rational auflösbar

Veranschaulicht haben die Forscher dies mit einer nicht minder beeindruckenden Illusion, bei der ein Finger mit Hilfe eines halben Balls optisch schrumpft. Das funktioniert wie folgt: Die Probanden müssen den schalenförmigen Halbball auf der Fingerspitze balancieren.

Zeichnung von optischer Täuschung

Current Biology

Skizze der optischen Täuschung

Dadurch verschwindet zwar tatsächlich ein Stück des Fingers, für die Betrachter sieht dieser aber noch deutlich kürzer aus. So als müsste der Finger Platz für die unsichtbare Hälfte des Balls machen. Das Erstaunliche: Die Illusion wirkt nicht nur optisch, die Versuchsteilnehmer spürten sie förmlich körperlich, der Finger fühle sich kürzer an.

Unser Gehirn arbeitet offenbar anders, als man das erwarten würde, so die Forscher. Denn die Probanden seien sich sehr wohl dessen bewusst, dass unsere Wahrnehmung etwas ergänzt, das gar nicht da ist. „Rein vernünftig betrachtet wissen wir, dass unser Finger nicht wirklich kürzer ist, dennoch bleibt die Illusion bestehen“, wie Ekroll den Umstand in einer Aussendung beschreibt. Das verdeutliche, dass unser visuelles System hinter der Illusion steckt und nicht unser bewusstes Denken.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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