3-D-Drucker ausspionieren, ohne zu hacken

Profis können so gut wie alles ausspionieren, was digitale Informationen enthält, auch 3-D-Drucker. Wie US-Forscher bei einer Konferenz in Wien erklären, geht das sogar, ohne die Drucker zu hacken – es reicht, sie zu belauschen.

Denn die Geräusche des Druckers allein können verraten, was gerade gedruckt wird. Das führt zu einem ernstzunehmenden Sicherheitsproblem, so die Forscher.

Druckgeräusche verraten Programmcode

Schicht für Schicht trägt der 3-D-Drucker Material auf – einmal links, zweimal rechts, langsam, dann wieder schnell, bis schließlich ein dreidimensionaler Gegenstand entsteht. Jede Bewegung erzeugt dabei einen speziellen Ton.

Dieses Piepsen könnte nun verraten, was gedruckt wird, erklärt der Computerwissenschaftler Mohammad Al Faruque gegenüber science.ORF.at: „Wir haben herausgefunden, dass das Druckgeräusch Aufschluss über den Programmcode gibt, der den Drucker steuert. Im Grunde haben wir dann einfach diesen Code aus den verschiedenen Klängen rekonstruiert“, sagt der Computerwissenschaftler von der Universität Kalifornien am Rande der Internationalen Konferenz für Cyber-physische Systeme in Wien.

Ein Smartphone würde ausreichen, um die Töne aufzunehmen. Mithilfe eines Algorithmus kann die Tonaufnahme dann in eine Druckanleitung übersetzt werden – auch G-Code genannt. Auf diese Weise haben Al Faruque und sein Team beispielsweise einen Schlüssel mit 90 prozentiger Genauigkeit nachbilden können.

Porträtfoto des Computerwissenschaftlers Mohammad Al Faruque

University of California Irvine

Person und Veranstaltung

Mohammad Al Faruque ist Leiter des Advanced Integrated Cyber-Physical Systems Lab an der University of California in Irvine.

Veranstaltungshinweis

Al Faruque und sein Team sind diese Woche zu Gast in Wien. Vom 11. April – 14. April 2016 findet hier die „CPS Week“ zu cyber-physischen Systemen statt. Die Konferenz wird unter anderem von der Technischen Universität Wien mitveranstaltet.

Soll auch mit Vibrationen funktionieren

Das ist aber erst der Anfang. Momentan arbeiten die Computerwissenschaftler daran, den Algorithmus zu verbessern und nicht nur Geräusche, sondern auch elektromagnetische Strahlung und Vibrationen einzufangen, um mehr Informationen über das Gedruckte zu erhalten und es exakt nachbilden zu können.

Aber letztendlich geht es nicht darum, den Schlüssel genau nachzubauen. Vielmehr lässt sich mit diesen Informationen Industriespionage betreiben, erklärt Al Faruque: „Physikalisch betrachtet wird Energie umgewandelt - zum Teil entstehen dabei Emissionen, die wir beobachten können, wie beispielsweise Vibrationen, Töne etc. Dieser Energiefluss kann ungewollt Informationen darüber preisgeben, was auf der Cyberseite passiert. Im Grunde betrifft das jede Maschine, nicht nur 3-D-Drucker.“

Ideen ausspionieren

Ö1 Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch die Sendung „Digital Leben“ am 13.4. um 16:55 Uhr.

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Spionage also anders herum – man hackt sich nicht in die Maschine, um Informationen zu stehlen, sondern entnimmt die Informationen direkt aus den Tönen und Vibrationen. So könnte man z.B. Ideen für neue Flugzeugteile, den Produktionsfortschritt von Motoren oder andere Erfindungen ausspionieren, erklärt der US-Forscher. Die Industrie nutzt 3-D-Drucker nämlich häufig, um Prototypen herzustellen und Ideen weiterzuentwickeln. Die Geräusche eines 3-D-Druckers werden aber so zum Sicherheitsrisiko, weshalb sich auch diverse US-Behörden bereits für die Forschung interessieren, erzählt Al Faruque. „Eine wichtige Rolle in der digitalen Produktion ist das geistige Eigentum – man will die Idee schützen, also stellt sich die Frage – auf welche Arten kann man sie stehlen. Am Ende geht es um viel Geld.“

Abhilfe: Weißes Geräusch

3-D-Designs werden in Unternehmen meist gut verschlüsselt und auf den Rechnern geschützt gespeichert. Einen Schutz gegen Klangspionage gibt es aber derzeit noch nicht, erklärt Al Faruque.

Um die Maschinen in Zukunft vor einem Lauschangriff zu schützen, empfehlen die Wissenschaftler den Herstellern von 3-D-Druckern, ein „weißes Rauschen“ in ihre Geräte zu integrieren. So wird es schwer, die ursprünglichen von den künstlichen Geräuschen zu unterscheiden.

„Man baut also eine Camouflage und versteckt das wahre Druckgeräusch hinter einer weißen Störinformation.“ Diese weiße Geräuschkulisse könnte sowohl in die Hard- als auch Software eingebaut werden. Alternativ schlägt das Forschungsteam vor, Smartphones und andere Geräte in der Nähe von 3-D-Druckern zu verbieten.

Vice versa

Die Forschung von Al Faruque hat aber noch eine andere Seite – so ließe sich anhand des Geräusches auch herausfinden, ob im System ein Fehler ist oder nicht: „Bei einem Gerät gibt es gute und schlechte Geräusche – lernt man diesen Code zu entschlüsseln, könnte man dadurch auch erkennen, ob das System beispielsweise angegriffen wurde usw.“ Mit dieser Forschung stehen die Computerwissenschaftler allerdings noch am Anfang.

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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