Mit Fleischverzicht den Wald retten

Mehr und mehr Menschen versuchen vegan oder zumindest vegetarisch zu leben, auch um die Umwelt zu schonen. Eine Studie liefert dafür nun neue Argumente: Würden alle weitgehend auf tierische Produkte verzichten, müsste man keinen Wald mehr abholzen.

Heute ist noch etwa ein Drittel der Erde mit Wald bedeckt. Diese bewaldeten Flächen nehmen große Mengen an CO2 auf und verhindern, dass diese in die Atmosphäre gelangen und so das Klima weiter erwärmen. Außerdem speichert und reinigt der natürliche Klimaschützer Wasser, und er beherbergt unzählige Tier- und Pflanzenarten.

Aber anstatt die verbliebenen Bestände zu sichern, werden die weltweiten Waldflächen weiter dezimiert. Eine der Hauptursachen: der hungrige Mensch. Denn für Acker- und Weideflächen müssen Wälder gerodet werden.

Könnte man die Weltbevölkerung nicht auch satt machen, ohne einen Baum zu fällen? Diese Frage stellten sich die Forscher um Karl-Heinz Erb von der Universität Klagenfurt in ihrer aktuellen Arbeit. Sie haben verschiedene Szenarien durchgerechnet, um zu sehen, wie man die Welt im Jahr 2050 ernähren könnte, ohne die Wälder anzutasten. Schätzungen zufolge wird man dann nämlich anstatt der heutigen 7,1 Milliarden 9,7 Milliarden Menschen versorgen müssen.

Konsum wirkmächtig

Bei den Modellen ergaben sich große Unterschiede hinsichtlich der Landnutzung und des Ertrags, abhängig in erster Linie von der Ernährungsweise der Menschen. Anders als erwartet könnten jedoch den Forschern zufolge diverse Szenarien funktionieren, und zwar ohne Wald zu opfern, entweder durch Ertragssteigerung, geänderte Landnutzung, andere Ernährungsweisen und vielfältige Kombinationen davon.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Abendjournal am 19.4. um 18.00 Uhr.

„Viele gehen davon aus, dass wir nur dann mehr Menschen ernähren können, wenn wir weiter tropische Regenwälder abholzen“, so Erb in einer Aussendung. „Unsere Berechnungen zeigten, dass das nicht notwendig ist.“ Erb gibt allerdings zu bedenken, dass auch Varianten ohne Abholzung nicht immer die beste Lösung sind, z. B. dann, wenn man die Erträge durch zusätzliche Düngung steigert, was aber der Umwelt schade.

Den größten Einfluss auf die Abholzung habe der Mensch selbst, so Erb, indem er seinen Konsum entsprechend ändert, und das sei im Vergleich zur Ertragssteigerung auch deutlich nachhaltiger.

Machbar, aber doch unrealistisch

Die Machbarkeit hänge generell zu einem hohen Grad von der Ernährung ab: Würde die ganze Welt - so wie jetzt bereits weite Teile der Nordhalbkugel - 2050 große Mengen Fleisch konsumieren, würden nur 15 Prozent der Modelle aufgehen. Wenn jedoch alle auf Fleisch verzichten, sind es 94 Prozent. Beim völligen Verzicht auf tierische Produkte wären es ganze 100 Prozent.

Wenn es darum geht, die Welt zu ernähren, stand bisher vor allem die Produktionssteigerung im Mittelpunkt, etwa durch neue landwirtschaftliche Methoden und Ausdehnung der bewirtschafteten Flächen. „Die Studie zeigt, dass andere Maßnahmen, die weitaus wirksamer wären, meist übersehen werden“, erklärt Erb. Die Nachfrage sei offenbar ein unterschätztes, aber machtvolles Instrument.

Dennoch ließen sich die Szenarien nicht direkt umsetzen, denn sie beinhalten einige aus heutiger Sicht unrealistische Annahmen, etwa dass Produktionsüberschüsse in jene Weltregionen gehen, die zu wenig haben. Anders als bei der Ernährungsumstellung brauchte es dafür allerdings kollektive Entscheidungen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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