FWF an der „Schmerzgrenze“

Wenn es um Grundlagenforschung in Österreich geht, ist der FWF Anlaufstelle Nummer eins. Doch dem Wissenschaftsfonds fehlt das Geld. 2014 wurden 691 Projekte bewilligt, letztes Jahr nur mehr 655. „Es schaut nicht rosig aus“, lautet die Bilanz der FWF-Führung.

„Viele Studien zeigen, dass eine freie, unabhängige und starke Grundlagenforschung für einen prosperierenden Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort von zentraler Bedeutung ist“, sagte FWF-Interimspräsidentin Christine Mannhalter, „nur wenn neue Ideen kommen, kann Innovation auf den Weg gebracht werden.“ In Österreich sei die Grundlagenforschung im Vergleich zur angewandten Forschung und anderen europäischen Ländern „nicht ausreichend dotiert“.

Bewilligungsquote bei 20 Prozent

Und das merkt der FWF, dessen Bewilligungen 2015 erstmals seit dem Budget-Einbruch 2009 wieder gesunken sind, während die Zahl der Anträge steigt - im Bereich Internationale Mobilität etwa um 17,6 Prozent. Die Bewilligungsquote ist damit auf 20,3 Prozent der beantragten Budgets (2014: 20,9 Prozent) gesunken. „20 Prozent sind die Schmerzgrenze“, darunter ist es für Mannhalter eher ein Lottospiel-Zugang.

Für die kommenden Jahre erwartet der Fonds ein weiteres Aufgehen der Schere zwischen Anträgen und Bewilligungen: Während für Erstere mit einem Anstieg auf rund eine Milliarde Euro gerechnet wird, dürfte die Summe Letzterer auf unter 200 Mio. Euro fallen. Derzeit könnten förderungswürdig eingestufte Projekte im Ausmaß von 80 Mio. Euro jährlich aus finanziellen Gründen nicht gefördert werden. Der Forschungsrat hat kürzlich einer Erhöhung des FWF-Budgets um 100 Mio. Euro pro Jahr gefordert - dem stimmt man seitens des FWF naturgemäß zu.

Doktoratskollegs laufen aus

Mannhalter verwies darauf, dass derzeit rund 2.300 vom FWF geförderte Forschungsprojekte laufen, in denen über 4.100 meist junge Wissenschaftler beschäftigt sind. „Der FWF ist damit auch Personalförderer und leistet durch diese Förderung einen zentralen Beitrag zur kulturellen Entwicklung und den Wohlstand in Österreich“, so die FWF-Chefin.

Endgültig auslaufen wird die Förderung der Doktoratskollegs (DK): 2016 sollen die letzten neu bewilligt werden, die derzeit 40 bestehenden DK laufen wie geplant weiter und auch vorgesehene Verlängerungen sind möglich. Der Hauptgrund für die Maßnahme sei budgetär, „wir können uns das nicht mehr leisten“, sagte die kaufmännische Vizepräsidentin des FWF, Dorothea Sturn. Es gebe aber auch einen wissenschaftspolitischen Hintergrund: „DK gehören an die Unis“, diese seien für Aufbau und Grundfinanzierung von Doktoratsprogrammen zuständig.

Präsidentin gesucht

Der FWF hat aber ein Nachfolgeprogramm konzipiert und dafür zehn Mio. Euro beim „Österreich-Fonds“ beantragt, der aus dem neuen 55-Prozent-Steuersatz für Einkommensanteile über einer Mio. Euro gespeist werden soll. Man wisse nicht, ob der Fonds diese Mittel bekomme - wenn ja, sollen die Unis damit bei der Doktoratsausbildung unterstützt werden. Man rechnet im FWF aber nicht, dass dies eine nachhaltige Unterstützung sein wird.

Am Donnerstag findet das Hearing der FWF-Delegiertenversammlung mit den Kandidaten für den FWF-Präsidenten statt. Dazu wurden neben Mannhalter (Medizinuni Wien) Gabriele Anderst-Kotsis (Uni Linz), Andrea Barta (MedUni Wien), Walter Berka (Uni Salzburg), Michael Freissmuth (MedUni Wien) und Klement Tockner (Freie Universität Berlin) eingeladen. Noch am Abend soll ein Dreiervorschlag bekannt gegeben werden, aus dem der FWF-Aufsichtsrat am 17. Mai den neuen FWF-Chef wählt.

science.ORF.at/APA

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