Beruf: Wasserholerin

Schule, Ausbildung, Beruf - was in unseren Breiten auch für Mädchen und Frauen selbstverständlich scheint, ist in anderen Regionen der Welt noch immer Luxus. Denn Grundlegendes - wie etwa das tägliche Wasser - muss dort händisch herbeigeschafft werden. Allein in Afrika machen sich jeden Tag 17 Millionen Frauen und Kinder auf diesen mühsamen Weg.

Ein Team um den Mediziner Jay Graham von der George Washington University hat anhand von internationalen Gesundheitsdaten erhoben, wie viele Menschen in 24 Ländern Subsahara-Afrikas täglich ihre Familien mit Wasser versorgen. Zu den insgesamt 17 Millionen wurden nur jene Menschen hinzugezählt, die mehr als eine halbe Stunde für den Weg zur nächsten Wasserstelle brauchen.

Frauen und Mädchen

Hinsichtlich der Geschlechter ist die Last eindeutig zugeordnet: Nur in Liberia war die Versorgungsarbeit zu ungefähr gleichen Teilen auf die beiden Geschlechter verteilt.

In den übrigen Ländern übernahmen Frauen den Großteil, in der Elfenbeinküste laut Erhebung sogar zu 90 Prozent. Auch unter den Kindern fiel die größere Last den Mädchen zu, die - alle Länder zusammengerechnet - zu 62 Prozent losgeschickt wurden, um Wasser zu holen. In sechs der 24 untersuchten Staaten machten sich mehr als 100.000 Kinder täglich auf den Weg zum nächsten Brunnen oder zur nächsten Quelle. In Äthiopien und Nigeria sind es mehr als eine Million.

Verbogene Wirbelsäule, verschmutztes Wasser

Dass vor allem Frauen und Mädchen als Wasserholerinnen fungieren, erklären die Forscher mit dem geringen sozialen Status der Tätigkeit. Die Zeit fehle ihnen aber für anderes, etwa Schulbildung bei Kindern oder bezahlte Arbeit außer Haus bei Frauen. Das ist aber nicht das einzige Problem, das mit dem „Beruf“ der Wasserträgerin verbunden ist: Die Behälter wiegen gefüllt mehr als 20 Kilo und verbiegen bei wiederholter und lang andauernder Belastung Knochen und Wirbelsäule.

Das nach Hause getragene Wasser sei außerdem oft verschmutzt und löse Krankheiten aus, so Jay Graham in einer Aussendung der Universität. Und darüber hinaus setzen sich die Frauen und Mädchen der Gefahr von Übergriffen aus, wenn die nächsten Wasserstellen weit weg und der Weg durch verlassene Gebiete führt.

Auftrag für Gesundheitspolitik

„Würde die Wasserversorgung verbessert, hätten die Menschen im besten Fall einen Wasseranschluss in ihrer Unterkunft, könnten 17 Millionen Frauen und Kinder die Millionen Stunden, die nun zum Wasserholen verbraucht werden, in Arbeit, Schule oder andere Aktivitäten investieren“, so Jay Graham. Er sieht in seiner Studie auch einen Auftrag an die Gesundheitspolitik der betroffenen Länder, sich dem vernachlässigten Problem der mangelnden Wasserversorgung intensiver zu widmen.

Elke Ziegler, science.ORF.at

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