„Mini-Bibliothek“ für Geflüchtete

Wer Deutsch lernen möchte, der braucht dafür entsprechende Bücher und Unterlagen. Die Wien Büchereien stellen Flüchtlingen diese Materialien kostenfrei zur Verfügung - und sorgen dafür, dass die Bücher auch zu den Menschen gelangen, als „Mini-Bibliothek“.

In der Zweigstelle der Wien Büchereien in der Zieglergasse im siebten Bezirk, kann man sich nicht nur einzelne Bücher ausborgen. Flüchtlingsorganisationen können sich hier sogenannte Mini-Bibliotheken ausborgen und in ihre Einrichtungen mitnehmen. In den Boxen befinden sich zwischen 25 und 30 Büchern zu unterschiedlichen Themen wie „Deutsch lernen“, „Wissenswertes“ oder „Gemeinsam lesen“. Magdalena Zelger, die Leiterin der Bibliothekspädagogik, hat das Projekt konzipiert. „Wir machen die Erfahrung, dass das sehr gut funktioniert, weil es eben vollkommen zwanglos ist und ein Angebot, das die Menschen aufsucht“, erläutert Zelger.

Bilderbücher für alle Generationen

Fixer Bestandteil der Kisten sind Bilder- und Wimmelbücher - für Kinder und Erwachsene. Denn das Lernen soll Spaß machen, betont die Bibliothekspädagogin. Gerade Wimmelbücher mit ihren großflächigen Illustrationen eignen sich besonders gut als sogenannter Sprechanlass. „Die Geschichten sind oft unterhaltsam und ziehen sich über mehrere Seiten“, sagt Zelger, „das regt einfach dazu an, sich zu unterhalten, unabhängig vom Sprachniveau.“

Über Wimmel- und Bilderbücher kann auch Wissen vermittelt werden und zwar ohne unüberwindbare Sprachhürden. Zum Beispiel, wenn darin Märchen illustriert sind. „Märchen transportieren ganz stark Kultur und Tradition. Deswegen lässt sich sehr gut mit diesen Büchern arbeiten“, erläutert Zelger.

Bücher auch in der Muttersprache

In den Boxen befinden sich auch zahlreiche Bildwörterbücher oder Deutschkurse zum Selbststudium. Hier habe sich das Angebot auf dem Buchmarkt im vergangenen Jahr sehr verbessert, sagt Magdalena Zelger. Die Verlage hätten erkannt, dass der Bedarf vorhanden ist. Zu den Sprachen, die momentan besonders stark nachgefragt werden, gehören Dari, Paschtu oder Arabisch.

Bücher in den Muttersprachen der Geflüchteten anbieten zu können, sei sehr wichtig. Auf diese Weise können die Menschen nicht nur ihre Erstsprache weiter pflegen, erläutert Zelger. Gute Kenntnisse der Muttersprache, mündlich wie schriftlich, sind auch eine Voraussetzung, um gute Kenntnisse in einer Zweitsprache zu erlangen.

Vom Konversationskurs zur Märchenstunde

Zu den weiteren Angeboten der Büchereien Wien, gehört die Kinderbibliothek der Weltsprachen im 15. Bezirk hier gibt es Kinderbücher in 40 verschiedenen Sprachen. Es gibt „Konversationsrunden“, bei denen in kleinen Gruppen mit einem Trainer das „Deutsch sprechen“ geübt wird. Und die „Mehrsprachige Geschichtenzeit“, bei der Märchen in verschiedenen Sprachen vorgetragen und auf Deutsch übersetzt werden.

Die Büchereien hätten hier insgesamt einen großen Vorteil, sagt Magdalena Zelger: „Wir können dazu beitragen, dass sich Menschen hier willkommen fühlen, sich integrieren können und gut Deutsch lernen können“. Denn diese Angebote findet man an vielen verschiedenen Standorten der Büchereien. Sie sind kostenlos und niederschwellig. „Die Büchereien sind einer der wenigen konsumfreien Räume, die wir heute noch haben“, so Zelger.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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