Vom Weltumsegler zum Kriegsheld in Asien

Krieg, Schiffbruch, Sklaverei und ein eindeutiges Angebot der „violetten Königin“ - was dem „ersten österreichischen Weltreisenden“ Christoph Carl Fernberger (1598-1653) zwischen 1621 und 1628 widerfahren ist, liest sich wie ein Thriller oder Entwicklungsroman, so der Sozialanthropologe Helmut Lukas. Ein Buch beleuchtet Fernbergers turbulente Zeit in Asien.

Die Berichte über die Reisen des Pioniers galten bis in die 1960er-Jahre als verschollen. Dann dauerte es bis in die 1970er-Jahre, bis seine gesamten kommentierten Aufzeichnungen veröffentlicht wurden. An der überarbeiteten Version 2011 schrieb Helmut Lukas vom Institut für Sozialanthropologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit. Im Rahmen seiner Gastprofessur an der Chulalongkorn University in Bangkok im Jahr 2015 entstand die nunmehr dreisprachige Publikation (in Deutsch, Englisch und Thai) in Kooperation mit thailändischen Forschern mit dem Fokus auf Fernbergers Zeit im heutigen Thailand.

Unfreiwillige Odyssee

Dessen unfreiwillige Odyssee begann, als er 1621 als Hauptmann der Habsburgerarmee in die damals aufständischen Niederlande entsandt wurde, um dort gegen die Protestanten zu kämpfen. Obwohl selbst Protestant, kam er dem Befehl nach, wurde aber gefangengenommen. Wieder in Freiheit, ging er in Amsterdam an Bord eines Schiffes, von dem er dachte, dass es nach Venedig fährt. „Es ging aber nach Westafrika. Also zumindest am Beginn war es eine unfreiwillige Weltreise“, erklärte Lukas.

Buch

„Christoph Carl Fernberger: The First Austrian in Patani and Ayudhya (1624-1625)“, Helmut Lukas (Hg.), Verlag des Centre for European Studies at Chulalongkorn University

Vor Afrika erlitt Fernberger Schiffbruch, konnte sich aber mit Kameraden auf eine Felseninsel retten, wo sie dann mit Rauchzeichen holländische Schiffe auf sich aufmerksam machten. Diese nahmen einen Teil der Schiffbrüchigen mit - allerdings musste sich Fernberger dafür als Soldat der „Niederländischen Ostindien-Kompanie“ verpflichten. Die Schiffe passierten die Magellanstraße und überquerten dann von Kalifornien aus den Pazifik mit Ziel Batavia, der heutigen indonesischen Hauptstadt Jakarta, damals Hauptquartier der Kompanie.

Freund der „violetten Königin“

Fernberger überlebte als einer von wenigen diese Überfahrten und konnte sich in Batavia mit einem Teil jener Rohdiamanten freikaufen, die er zuvor auf einem gekaperten spanischen Schiff gefunden hatte. Mit diesem Startkapital begann er sich als Händler zu betätigen, was ihn bis nach Taiwan, Japan und China brachte. So gelangte er auch in das Königreich Ayudhya, einem Vorläuferstaat des heutigen Thailand, und im Jahr 1624 von dort aus in das malaiische Sultanat Patani. Dieser großteils muslimische Staat, der heute im Süden Thailands liegt, wurde 135 Jahre lang von Frauen regiert. Mit der damaligen Regentin, der „violetten Königin“, freundete sich Fernberger an.

Da die „Sultana“ die Tributzahlung an den König von Ayudhya verweigerte und damit ein starkes Zeichen in Richtung Unabhängigkeit setzte, schickte letzterer Anfang des Jahres 1625 eine Invasionsarmee. Fernberger trug sich der Königin als „militärischer Experte“ an, bildete eine Truppe aus vor Ort ansässigen Portugiesen, Spaniern und Niederländern aus und nahm an den Kämpfen teil, die zugunsten Patanis ausgingen. „Fernberger wurde dann von der violetten Königin beschenkt, sie wollte sogar mit ihm ins Bett - was er abgelehnt hat“, erklärte Lukas.

Hier zeige sich, dass Fernbergers Texte nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht erstaunlich seien, sondern auch „toll, zu lesen sind. Der Mann war irrsinnig gebildet und außerdem ein unglaublicher Draufgänger. Gleichzeitig war er auch sehr anpassungsfähig - also ein Österreicher im besten Wortsinn“, sagte Lukas, über den Weltreisenden, der über ausgedehnte Umwege und Sklaverei 1628 wieder nach Wien gelangte.

Quelle für Thai-Geschichte

Fernbergers Aufzeichnungen über den Krieg zwischen Patani und Ayudhya sind laut aktuellem Forschungsstand die einzigen zu diesem Konflikt. „Daher ist diese historische Quelle für die Thai-Geschichte sehr wichtig“, erklärte der Wissenschaftler, der auch im Zuge einer Feldforschungskampagne im Süden Thailands nach Spuren Fernbergers suchte. „Wir haben relativ viele neue Daten erhalten und vieles aus seinen Schilderungen bestätigt bekommen. Wir konnten etwa zwei Kriegscamps lokalisieren, von denen Fernberger berichtet“, sagte Lukas.

Für das Gebiet gilt heute eine Reisewarnung des Außenministeriums. Die separatistische Bewegung der dort ansässigen Bevölkerungsgruppe der muslimischen Malaien liefert sich immer wieder Auseinandersetzungen mit Polizei und Militär. Um die Zeit, in der sich Fernberger dort aufhielt, dürfte das Zusammenleben der Volks- und Religionsgruppen in dem stark vom Handel abhängigen Gebiet allerdings weitgehend friedlich abgelaufen sein. Lukas: „Daran könnten sich heute viele ein Beispiel nehmen. Auch die Muslime, die sehr stark die männliche Perspektive einnehmen. Damals haben aber Frauen dort regiert, die sich männliche Liebhaber halten durften. Man war damals also wirtschafts- und auch religiös-liberal.“

science.ORF.at/APA

Mehr zum Thema: