Integration durch Sport ist kein Selbstläufer

Alaba, Dragovic und Co: Sport wird gerne als Beispiel für gelebte Integration dargestellt. Das kann er auch sein, sagt die Sportpädagogin Elke Grimminger. Es brauche aber gezielte Mitmachangebote an Zuwanderer - und vor allem an Zuwanderinnen.

Ansonsten werden nur jene Zielgruppen erreicht, die sowieso eher leichteren Zugang zum Sport haben, nämlich zumeist Männer. Gerade Mädchen und Frauen mit muslimischer Religionszugehörigkeit aus sozial schwachen Schichten seien jedoch sehr wenig in den Sportvereinen vertreten, so Elke Grimminger vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Technischen Universität Dortmund.

Mitmachen und mitentscheiden

„In Deutschland gibt es ein Programm, in dem Sportvereine unterstützt werden, wenn sie sich aktiv um die Integration bemühen“, sagte sie. Dort würden aber mehrheitlich Fußball und Kampfsport angeboten, was die unterrepräsentierte Zielgruppe nicht unbedingt anspricht, die eher für Tanzen und Fitnessangebote zu erwärmen wäre.

Kongress in Wien

Vom 6. bis 9. Juli findet der 21. Kongress des „European College of Sport Science (ECSS)“ in Wien statt. Motto: „Grenzen überschreiten durch Sportwissenschaft“. Veranstalter ist das Zentrum für Sportwissenschaft und Universitätssport der Universität Wien, erwartet werden 2.000 internationale Wissenschaftler.

Außerdem sei es wichtig, Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur mitturnen und -spielen, sondern auch mitgestalten zu lassen. In einer deutschlandweiten Umfrage bei mehr als 70.000 Sportvereinen habe sich herausgestellt, dass sie nur bei zehn Prozenten in den Entscheidungsebenen eingebunden sind, und nur bei 14 Prozenten als Trainer andere ausbilden. Darunter sind wiederum vorwiegend Männer. Eine andere Studie habe gezeigt, dass Übungsleiterinnen mit Migrationshintergrund nicht-einheimische Mädchen und Frauen anziehen, also einen Multiplikatoreffekt haben und für Sport und Bewegung begeistern können.

„Wenn sich Sportvereine entscheiden, Interkulturalität zu leben und sich dieser sozialen Arbeit zu widmen, sollten sie versuchen, aktiv Menschen mit Migrationshintergrund zu gewinnen“, so die Sportdidaktikerin.

Rassismus im Leistungssport

Sportvereine mit Leistungsanspruch seien in der Regel offener als reine Hobbyklubs, weil sie ihre Mitglieder weniger nach der Herkunft, als nach ihrem Können rekrutieren. „Zum Beispiel bei Bundesligaspielern, die ja aus den verschiedensten Ländern kommen, wird gerne gesagt, sie sind alle integriert, allerdings sind sie dies nur funktional aufgrund ihrer Leistung“, sagte Grimminger.

Eine Vielzahl an rassistischen Ausschreitungen in Stadien gegen dunkelhäutige Spieler, die mit Bananen beworfen und mit Affenrufen begrüßt werden, zeige aber, dass dies vonseiten der „Fans“ oft nur dann der Fall ist, wenn sie eine großartige Leistung erbringen. Sonst ist Schluss mit der gelebten Integration.

science.ORF.at/APA

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