Wann der Blickkontakt unangenehm wird

Spontaner Augenkontakt scheint in einer prall gefüllten U-Bahn bestimmten Regeln zu gehorchen. Wie lange sich zwei Menschen gegenseitig in die Augen blicken können, ohne es als unangenehm zu empfinden, haben nun britische Forscher ermittelt.

Tiere vermitteln durch gegenseitige Blicke, ob sie sich bedroht oder angezogen fühlen. Auch beim Menschen bildet direkter Augenkontakt eine wichtige Form nonverbaler Kommunikation. Ein zu langer oder intensiver Blick kann uns leicht irritieren. Klinische Studien zeigen, dass Abweichungen in Starrmustern und die Erweiterung von Pupillen Hinweise für psychische Störungen, Autismus oder Schizophrenie sein können.

Studie

”Pupil dilation as an index of preferred mutual gaze duration”, Royal Society Open Science, 6.7.2016

3,2 Sekunden im Schnitt

In einer psychologischen Studie des University College London wurden nun rund 500 freiwillige Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 56 verschiedenen Nationen auf ihre „Starrfestigkeit“ getestet. Auf einem Monitor wurden sie von Schauspielern verschieden lange angeblickt, während mit Hilfe von Eyetracking ihre Blickrichtung und -dauer sowie Veränderungen der Pupillen gemessen wurden. Die einzelnen Videoclips mussten dann als mehr oder weniger angenehm bewertet werden.

Die „Preferred Gaze Duration“ (PGD), „bevorzugte Blickdauer“, der Probanden, lag im Schnitt bei 3,2 Sekunden. Keine der Testpersonen empfand Blickkontakte unter einer Sekunde oder über neun Sekunden als angenehm, der Großteil bevorzugte zwei bis fünf Sekunden.

Einwenden kann man gegen den Studienaufbau, dass es sich um eine reine Simulation und um keine echten sozialen Begegnungen handelt. Dadurch könnte sich auch der recht lange Durchschnittswert von mehr als drei Sekunden erklären lassen. Wie die Forscher betonen, würden die Resultate aber in Einklang stehen mit kleineren, früheren Studien, in denen „echte Menschen“ Blicke austauschten.

Nur alte Männer schauen länger

Die Psychologengruppe um Nicola Binetti erkannte bei der aktuellen Arbeit zu ihrer Überraschung keinen Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen (zum Beispiel Bewertung der Attraktivität des Gegenübers) und der PGD. Ein desinteressierter, spontaner Augenkontakt kann also genauso lange dauern wie die Liebe auf den ersten Blick.

Auch körperliche Merkmale wie erweiterte Pupillen, Herzfrequenz und Sauerstoffgehalt des Blutes hatten keinen Einfluss auf die Dauer des erwünschten Blickes. Lediglich das Alter von Männern, die auf ein weibliches Gegenüber blicken, hat laut Studie einen Einfluss: Je älter der Mann, desto länger bevorzugt er, einer Frau in die Augen zu schauen.

Alexa Lutteri, science.ORF.at

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