Hinter dem Hype um „Pokémon Go“

Neun Millionen Downloads in nur einer Woche: Das Smartphone-Spiel „Pokémon Go“ hat den Börsenwert der Computerspielfirma Nintendo um zehn Milliarden Euro ansteigen lassen. Was die Entwickler ähnlicher Spiele freut, macht Datenschützer skeptisch.

Noch diese Woche soll man „Pokémon Go“ auch hierzulande offiziell auf Tablet und Smartphone laden können. Ein Novum für Spieler, auf der Schnitzeljagd nach Fabelwesen, ist Augmented Reality, also die Integration von virtuellen Elementen in die reale Welt.

Im Fall von „Pokémon Go“ sind es virtuelle Tierchen, die in Parks, Einkaufszentren oder Straßenecken darauf warten, von Spielerinnen und Spielern gefunden und gefangen zu werden. Auf der Smartphone-Kamera, mit der die Monsterjäger ihre Umgebung filmen, verstecken sich Comictierchen, die man dann einfangen muss.

Virtuelle Jäger und Sammler

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichteten auch die Ö1 Journale, 14.7., 12:00 Uhr.

Das Jagen und Sammeln ist ein bekanntes Erfolgsrezept für Spiele. Auch Augmented Reality ist eigentlich nicht neu. Für Alexander Amon von der Wiener Firma Sproing, die Spiele fürs Smartphone entwickelt, ist Pokémon Go die richtige Kombination zum richtigen Zeitpunkt: "Das Thema Augmented Reality gibt es jetzt sicher schon zehn Jahre. Daran haben auch Größen wie Sony schon herum probiert. Natürlich hat die Firma, die hinter Pokémon Go steht, schon ein erfolgreiches Spiel in die Richtung gemacht. „Ingress" war aber bei Weitem nicht so eine bekannte Marke. Mit Pokémon wurde nun aber gezeigt, dass die Kombination aus einem interessanten Konzept und einer starken Marke in der realen Welt funktionieren kann, indem ich die Spieler einfach rausschicke und sie neue Plätze entdecken lasse.“

Augmented Reality wird gesellschaftstauglich

Ein positiver Nutzen, der sich für Spieleentwicklerinnen und -Entwickler dadurch ergibt: Augmented Reality wird massentauglich und öffnet die Türen für ähnliche Spielkonzepte. Amon: „Es ist auf jeden Fall eine große Hilfe für Entwickler, die an ähnlichen Konzepten arbeiten, weil das Konzept jetzt bekannt ist, man muss es dem Spieler nicht mehr erklären.“

Ein weiterer Aspekt, der das Spiel zu einem Erfolgsgaranten macht ist die Spielergemeinschaft. Bei Pokémon Go geht es nicht nur darum, Pikachū und Konsorten einzufangen, man kann sie in Folge auch gegen andere Mitspieler in einer Arena kämpfen lassen. Erfolge werden natürlich auf Social Media Plattformen geteilt.

So weit so kostenlos. Die Monetarisierung erfolgt über seltene Monster, die Spielerinnen und Spieler auch kaufen können, respektive braucht es eigene Pokébälle, um die Monster einfangen zu können. In eigenen Geschäften, also Pokéshops, soll es bessere Bälle zu kaufen geben, sowie natürlich künftige Erweiterungen, an denen im Hintergrund bereits getüftelt wird.

Einfallstor für Datendiebstahl

Um Pokémon Go spielen zu können, braucht das Smartphone eine Internetverbindung. Hier könnten mitunter hohe Telefonkosten anfallen, weil Spieler ihr Datenlimit am Handy überschreiten. Bleibt also die Alternative, das Smartphone in ein öffentliches Netz zu verbinden. Sicherheitsexperten warnen aber bereits davor, sich an beliebten Plätzen, wie einer Pokémon-Arena, in ein öffentliches WLAN zu verbinden.

Dieses könnte nämlich von Kriminellen eingerichtet worden sein, da es eine perfekte Möglichkeit darstellt, um Bankdaten, Emails oder andere sensible Informationen vom Handy zu stehlen. Der Datenschutzexperte Andreas Krisch ist vor allem skeptisch, was den Umgang mit Europäischem Datenschutzrecht betrifft: „Der auffällige Punkt an dem Start in Deutschland ist aus meiner Sicht, dass auf der deutschen Website die Datenschutzerklärung derzeit nicht abrufbar ist. Man bekommt dort eine Fehlermeldung, dass die Website nicht gefunden werden kann. Das ist einigermaßen auffällig innerhalb der Europäischen Union, wo Datenschutz doch ein relativ großes Thema ist.“

Wermutstropfen Datenschutz

Um Pokémon Go spielen zu können, müssen die Smartphones außerdem einige Daten übermitteln, zum Beispiel den Aufenthaltsort, welchen Weg man zurücklegt, die Spieldauer, oder die Freunde, mit denen man spielt. Andreas Krisch ortet hier einige Probleme: „Die Frage ist schon, auf welcher Rechtsgrundlage das Unternehmen diese doch sehr detaillierten Daten über die teilnehmenden Spieler in die USA transferiert, weil das ist das, was im Hintergrund stattfindet: ein Datenaustausch mit Servern in den USA, um dieses Spiel überhaupt spielen zu können. An möglichen Rechtsgrundlagen dafür kommt eigentlich nur die Zustimmung der Spielenden in Frage.“

Hier stellt sich für Krisch allerdings die Frage, ob die Spielerinnen und Spieler schon alt genug sind, um so eine Zustimmungserklärung auch abzugeben zu können. Die Altersgrenze liegt nämlich derzeit bei 14 Jahren. Krisch: „Eine Altersgrenze, die in Zukunft sogar noch angehoben werden soll. Die Datenschutzgrundverordnung, die vor Kurzem in Brüssel verabschiedet wurde, sieht für die Zustimmung Jugendlicher ein Alter von 16 Jahren vor. Die Dienstanbieter müssen also sicherstellen, dass sie es mit einem entsprechend alten Menschen zu tun haben, um eine derartige Datenübertragung überhaupt machen zu können. Insofern ist es aus meiner Sicht sehr kritisch zu betrachten, wie da im Moment vorgegangen wird.“

Gewinner bei dem Spiel sind auf jeden Fall Hunde. Auf der Suche nach neuen Pokémons legen Spielerinnen und Spieler mitunter lange Strecken zurück. Etwas, was die vierbeinigen Begleiter auf jeden Fall goutieren dürften.

Sarah Kriesche, Ö1 Wissenschaft

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