Virus-Hepatitis: Kein Plan für Eliminierung

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will bis 2030 weltweit die Hepatitis B und C eliminieren. In Österreich fehlen dafür ein Plan, Screening, Diagnosemaßnahmen sowie genug Therapien, sagten Experten bei einer Pressekonferenz anlässlich des Welt-Hepatitis-Tages am 28. Juli.

„Es ist klar, dass die Lebererkrankungen und die virale Hepatitis ein globales Thema sind. 380 Millionen Menschen sind von chronischer Virus-Hepatitis betroffen, davon 120 Millionen Menschen von Hepatitis C. Und das sind jene, die es wissen“, sagte Angelika Widhalm, Vorsitzende der Hepatitis Hilfe Österreich.

An sich wären sowohl die Hepatitis B - per Impfung - und die Hepatitis C per modernen Therapien weltweit besiegbar. Und genau das will die WHO erreichen. Martin Prais, Generalsekretär der Selbsthilfeorganisation, sagte: „die WHO hat das Ziel ausgerufen, die virale Hepatitis bis 2030 zu eliminieren.“

Nationale Hindernisse

Das hehre Ziel stößt bisher in Österreich offenbar auf Hindernisse auf verschiedenen Ebenen des an sich hoch entwickelten Gesundheits- und Sozialwesens. Angelika Widhalm sagte: „In Österreich verweisen wir seit 2011 auf die Notwendigkeit eines Strategiepapiers. Leider Gottes wurde diese Initiative von uns bisher nicht angenommen.“ In Europa sind rund 30 Millionen Menschen von Virushepatitis betroffen. Weltweit gibt es dadurch jedes Jahr rund 1,4 Millionen Todesopfer.

Während praktisch alle Fälle der Hepatitis B durch die hoch und langfristig wirksame Impfung verhinderbar wären, befänden sich Österreich und die Welt seit etwas mehr als zwei Jahren prinzipiell an einem Punkt, der zur Eliminierung der Hepatitis C durch Ausheilung aller Betroffener führen könnte. Die Wiener Hepatologin Petra Munda von der MedUni Wien: „Mit den neuen Therapien sind wir jetzt bei 95 Prozent Heilungsrate (binnen zwölf Wochen; Anm.) angelangt.“

Kosten gesunken

Gegen die möglichst breite Verwendung der neuen, extrem wirksamen und nebenwirkungsarmen Therapien mit Tabletten wehren sich die Krankenkassen aus Kostengründen. Doch die ehemals extrem hohen Preise für die innovativen Medikamente von bis zu 120.000 Euro pro Patient, welche die Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) Ende Oktober vergangenen Jahres gar von „Raubrittertum“ sprechen ließ, sind vorbei.

Petra Munda: „Mittlerweile sind die Behandlungskosten pro Patient auf 20.000 bis 30.000 Euro gesunken und die Therapie günstiger als die alte Injektions-basierte Behandlung.“ Diese erfolgte bei deutlich geringeren Erfolgsraten über einen Zeitraum von bis zu eineinhalb Jahren und häufig quälenden Nebenwirkungen.

Längst können noch nicht alle Patienten mit chronischer Hepatitis C in Österreich auf eine von den Krankenkassen bezahlte Therapie hoffen. Derzeit erfolgt das nur, wenn bereits eine Leberfibrose des Stadiums II, III oder IV (Zirrhose) vorliegt. „Es ist einfach unerträglich und ethisch unvertretbar, dass nicht alle Patienten behandelt werden dürfen.“

Risiko Drogensucht

Da die Übertragungsmöglichkeiten des Hepatitis C-Virus via Blut und Blutprodukte per Tests und Inaktivierungsverfahren schon vor Jahren ausgeschaltet worden sind, sind Drogenabhängige mit intravenösem Suchtgiftkonsum die größte Risikogruppe. „90 bis 95 Prozent der Neuinfektionen sind im Drogenmilieu“, sagte die Hepatologin. Daher wären in Österreich bisher nicht flächendeckend vorhandene Spritzentauschprogramme, Screening-Bemühungen und ebenso flächendeckende Therapieprogramme für den Sieg über die Hepatitis C entscheidend. In Wien wurde von der Suchthilfe ein erfolgreiches Therapieprogramm gestartet.

Ein ähnlicher Hot-Spot sind die Gefängnisse. Da geht es um die Infektion mit Hepatitis B (sexuelle Übertragung und per intravenösem Drogenkonsum) und mit Hepatitis C (intravenöser Drogenkonsum). „In den Gefängnissen wollen wir ein komplettes Screening und eine komplette Behandlung (auf Virus-Hepatitis; Anm.) erreichen. Jeder gehört diagnostiziert und jeder gehört therapiert. Das ist in Österreich ein Grundrecht“, sagte Angelika Widhalm.

Im Bereich der Justizanstalten in Österreich finden sich besonders viele Drogenkranke. Zwar wird die Substitutionstherapie mit oralen Opiaten angeboten, doch dass es auch in den österreichischen Gefängnissen intravenösen Suchtgiftkonsum mit Infektionsgefahr per illegal eingeschmuggelter Drogen gibt, wird laut Experten im Grunde ignoriert. Sonst müssten auch dort Spritzentauschprogramme zur Schadensminderung existieren.

science.ORF.at/APA

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