Kriminalität als einziger Weg zur Integration

Kriminell zu werden kann für manche Migranten der einzige Weg sein, sich in Österreich zu integrieren: ein Dilemma, das von staatlicher Seite verursacht werde, so Forscherinnen bei einer Tagung in Wien.

Asylwerber könnten nämlich nicht legal einer bezahlten Arbeit nachgehen. Ebenso wenig Migranten, die keine Aufenthaltsberechtigung haben, etwa weil sie diese durch eine Ehescheidung oder eine Kündigung verloren haben, oder deren Asylantrag abgelehnt wurde, ohne dass sie abschiebbar wären.

Asylwerber erhalten zwar eine staatliche Unterstützung, doch die reiche nicht einmal für die Grundbedürfnisse, so die Politikwissenschaftlerin Monika Mokre von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und die Übersetzerin und Aktivistin Birgit Mennel vom European Institute for Progressive Cultural Policies bei der Jahrestagung der Migrations- und Integrationsforschung am Montag in Wien.

Endet oft mit Gefängnis und Abschiebung

„Wir dürfen gar nichts machen“, zitierten sie einen Betroffenen, „also beginnt man zu stehlen oder Drogen zu verkaufen, damit man leben kann“. Die Verdienstmöglichkeiten in diesen risikoreichen Formen der Kleinkriminalität seien zwar bei weitem nicht so hoch wie oft kolportiert, könnten aber reichen, um eine Familie durchzubringen.

Außerdem ermöglicht das illegal erworbene Geld, sich so zu kleiden, dass man auf der Straße nicht auffällt, Freunde zu treffen und soziale Kontakte zu pflegen, was gewissermaßen Grundlage für eine Anpassung und Integration in die Mehrheitsgesellschaft ist, erklärten die Wissenschaftlerinnen.

Freilich enden die meisten kleinkriminellen Karrieren mit völliger Desintegration: zunächst im Gefängnis und häufig unmittelbar danach mit einer Abschiebung. Diese Doppelbestrafung würde damit begründet, weitere Straftaten in Österreich zu verhindern.

Es gibt im österreichischen Recht durchaus die Möglichkeit, dass Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung, die aber auch nicht abgeschoben werden können, hier legal leben und sich integrieren können, erklärte Mokre der APA am Rande der Tagung - zum Beispiel mit dem Instrument der „Duldung“.

Durch diese käme man nach recht kurzer Zeit zu einem Status, mit dem man arbeiten und Geld verdienen darf. „Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Duldung in Österreich deutlich großzügiger geregelt, was aber genau dazu führt, dass sie so gut wie nie ausgesprochen wird“, so die Forscherin.

science.ORF.at/APA

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