Ig-Nobelpreis für Volkswagen

Das hat dem Autohersteller Volkswagen im Abgasskandal wohl noch gefehlt: An der US-Eliteuniversität Harvard erhielt VW einen Ig-Nobelpreis in der Kategorie Chemie. Die Spaßpreise wurden heuer zum 26. Mal verliehen, normalerweise werden nur Forscher ausgezeichnet.

Die Auszeichnung für VW erfolge für „die Lösung des Problems des übermäßigen Ausstoßes von Autoabgasen, indem automatisch elektromechanisch weniger Abgase produziert werden, wenn die Autos getestet werden“, sagte der Moderator der Preisgala Marc Abrahams. Und fügte dann genüsslich an: „Der Gewinner konnte oder wollte heute Abend nicht bei uns sein.“ Die Trophäe in Form einer Plastikuhr konnte daher in dieser Kategorie nicht überreicht werden.

Lipizzaner

APA/ROLAND SCHLAGER

Die Preisträger im Überblick

Reproduktion: Der ägyptische Wissenschaftler Ahmed Shafik für Studien zu den Auswirkungen von Hosen aus Polyester, Baumwolle oder Wolle auf das Sexleben von Ratten - und für ähnliche Experimente mit Männern.

Wirtschaft: Wissenschaftler um Mark Avis von der Massey-Universität in Neuseeland für Forschungen über empfundene Persönlichkeiten von Steinen aus einer Verkaufs- und Marketingperspektive.

Physik: Wissenschaftler aus Ungarn, Spanien, Schweden und der Schweiz für die Entdeckung, dass Pferdebremsen am wenigsten von weißen Pferden angezogen werden.

Chemie: Volkswagen für „die Lösung des Problems von übermäßigen Autoabgasen, indem automatisch elektromechanisch weniger Abgase produziert werden, wenn die Autos getestet werden“.

Medizin: Wissenschaftler um Christoph Helmchen von der Universität Lübeck für die Entdeckung, dass ein Hautjucken auf der linken Seite des Körpers auch gelindert werden kann, indem man sich vor einen Spiegel stellt und die rechte Seite kratzt (und anders herum).

Psychologie: Wissenschaftler um Evelyne Debey von der Universität in Gent (darunter auch Kristina Suchotzki von der Universität Würzburg) für eine Studie, in der 1000 Lügner befragt wurden, wie oft sie lügen - und für die Entscheidung, ob man ihren Antworten glauben kann.

Frieden: Forscher um Gordon Pennycook von der kanadischen University of Waterloo für eine Studie namens „Zur Rezeption und Aufdeckung von pseudo-tiefgängigem Schwachsinn“.

Biologie: Charles Foster, der Dachsen, Ottern, Füchsen, Rehen und Mauerseglern folgte, und Thomas Thwaites, der sich für seine Forschungen als Ziege verkleidete.

Literatur: Der schwedische Wissenschaftler Fredrik Sjöberg für sein dreibändiges Werk über die Freuden des Sammelns von toten Fliegen - und Fliegen, die noch nicht tot sind.

Wahrnehmung: Die japanischen Wissenschaftler Atsuki Higashiyama und Kohei Adachi für Forschungen darüber, ob Dinge anders aussehen, wenn man sich hinunterbeugt und sie durch die Beine ansieht.

Die zweifelhafte Ehre für VW ist eine Ausnahme. Üblicherweise werden bei der Verleihung der Ig-Nobelpreise („ignoble“ heißt auf Deutsch „unwürdig“) stets renommierte Wissenschaftler für seriöse, wenn auch kuriose Forschungen ausgezeichnet. Die Preise sollen „das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren“ - sie belohnen Forschung, die „erst zum Lachen und dann zum Denken anregt“. Die klamaukig-schrille Preisgala mit mehr als 1.000 Zuschauern hat längst Kultstatus und ist lange vorher ausverkauft. Zwischendurch fliegen bei der so ganz anderen Preisverleihung Papierflieger durch die Luft, es gibt Sketche und bizarre Kurz-Opern. Die Trophäe war in diesem Jahr eine Plastikuhr.

Seitenverkehrtes Kratzen und Durchschnittslügner

In der Kategorie Medizin bekam ein Forscherteam um Christoph Helmchen von der Universität Lübeck die Trophäe für die Entdeckung, dass ein Hautjucken auf der linken Seite des Körpers auch gelindert werden kann, indem man sich vor einen Spiegel stellt und die rechte Seite kratzt - und umgekehrt. „Man kann sein Gehirn austricksen“, sagte Andreas Sprenger von der Universität Lübeck, der zu der Gala angereist war und den Preis entgegennahm. „Ich möchte all meinen bisherigen Lehrern danken, die die Basis für diese Forschung gelegt haben.“

Mehrere Forscher um Evelyne Debey von der Universität im belgischen Gent wurden für eine Studie ausgezeichnet, in der 1.000 Lügner befragt wurden, wie oft sie lügen. Die Wissenschaftler forschten ebenso dazu, ob man ihren Antworten glauben kann. Das Ergebnis: 2,2 Mal am Tag lüge der Mensch durchschnittlich, sagte Forscher Bruno Verschueren in seiner Dankesrede. „Hillary Clinton und Donald Trump sind im US-Wahlkampf beide als krankhafte Lügner bezeichnet worden. Wenn sie aber ein bis fünfmal am Tag lügen, dann sind sie einfach nur ganz normale Lügner wie wir alle.“

Von Pferden und Ziegen

Wissenschaftler aus Ungarn, Spanien, Schweden und der Schweiz wurden in der Kategorie Physik für die Entdeckung geehrt, dass Pferdebremsen weniger von weißen Pferden angezogen werden als von schwarzen. „Wir haben herausgefunden, dass man besser ein weißes Pferd sein sollte als ein schwarzes, wenn man nicht von Pferdebremsen gebissen werden will“, sagte Forscherin Susanne Akesson. „Man kann aber auch im Zebra-Look gehen oder gepunktet - wie ich heute Abend.“

Thomas Thwaites bekam einen Preis, weil er sich für seine Forschungen als Ziege verkleidete. „Ich hatte genug von all den Sorgen und den Schmerzen eines Menschen, habe eine Auszeit genommen und bin zur Ziege geworden“, sagte der Forscher.

Die Freuden des Fliegensammelns

Fredrik Sjöberg erhielt die Auszeichnung für sein dreibändiges Werk über die Freuden des Sammelns von toten Fliegen - und Fliegen, die noch nicht tot sind. „Männliche Insektenkundler auf der ganzen Welt wissen, dass es unmöglich ist, Frauen mit Insekten zu beeindrucken“, sagte Sjöberg. „Aber das beste an Wissenschaft ist ja, dass man immer falsch liegen kann. Ich habe über das Sammeln von Fliegen geschrieben und dachte, es würde niemanden beeindrucken, insbesondere keine Frauen - und ich lag falsch.“

Moderator Abrahams, Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung, beendete die Gala schließlich mit seinen traditionellen Abschlussworten: „Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben - und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!“

Christina Horsten, dpa

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