Ein Material, das von selbst „erblüht“
Die Studie
„Programming temporal shapeshifting“, Nature Communications, 27.9.2016
In Zukunft könnten medizinische Implantate ganz ohne aufwendige Operation an ihrem Bestimmungsort landen. Ein minimalinvasiver Eingriff würde reichen, um Ersatzteile komprimiert oder zusammengefaltet in den Körper zu befördern. Erst dort würden sie die gewünschte Form annehmen. Seit einigen Jahren arbeiten Wissenschaftler an intelligenten Kunststoffen, die das und andere technologische Anwendungen möglich machen sollen.
Bis jetzt benötigten diese neuartigen Materialien allerdings ein externes Signal: Nur auf „Knopfdruck“ können sie ihre Gestalt verändern, z.B. durch Licht, Wärme oder Säure. Ihre Anwendung in geschlossenen Systemen war daher begrenzt.
Wie ein Uhrwerk
Ein neues Material, das die Forscher um Sergei Sheiko von der University of North Carolina entwickelt haben, braucht keinen derartigen Trigger. Es ist ihnen gelungen, die Formveränderung direkt in den Kunststoff - ein Hydrogel-Netzwerk - einzuschreiben. Vorstellen kann man sich das ähnlich wie bei einer mechanischen Uhr, die von ihrem Uhrwerk kontrolliert im Gang gehalten wird, schreiben die Forscher in ihrer Studie.
Video: Erblühende Kunststoffblume
Realisiert wurde das Uhrwerk mit zwei verschiedenen chemischen Bindungstypen, die einerseits die finale Gestalt und andererseits die Veränderungsrate im Material selbst speichern. Die Formveränderung lasse sich laut den Forschern dadurch genau takten. Und das funktioniere im Sekunden- genauso wie im Stundenbereich.
Um zu demonstrieren, wie gut das bereits funktioniert, haben die Forscher eine künstliche Blume aus dem Material erschaffen: Eines ums andere öffnen sich langsam ihre Blütenblätter.
Eva Obermüller, science.ORF.at