Britische Eichhörnchen haben Lepra

Die meisten roten Eichhörnchen auf den britischen Inseln sind mit Lepra-Erregern infiziert, berichten Forscher. Für Menschen ist das Ansteckungsrisiko zwar gering, aber für den Erhalt dieser Art könnte das zum Problem werden.

Der „Aussatz“ war einer der Schrecken des Mittelalters. Seit rund 100 Jahren ist die Lepra aus Europa so gut wie verschwunden, dank besserer Hygiene und wirksamer Antibiotika. Zumindest beim Menschen. Nicht so in der Natur.

Die gleichen Erreger, die beim Menschen Lepra verursachen, sind bei roten Eichhörnchen in England, Irland und Schottland im Umlauf. Ein Lausanner Forscherteam um Stewart Cole und schottische Wissenschaftler um Anna Meredith untersuchten 110 Eichhörnchen aus diesen Regionen per DNA-Test auf die Erreger Mycobacterium leprae und Mycobacterium lepromatosis.

Unbemerkt überlebt

Nur einige der Tiere hatten Symptome, andere keine. Dennoch fanden die Forschenden bei fast allen untersuchten Tieren einen der beiden Erreger. „Es war völlig unerwartet, dass M. leprae die Krankheit bei Eichhörnchen auslöst - Jahrhunderte nach seinem Verschwinden beim Menschen in Großbritannien“, so Cole. „Das wurde vorher noch nie beobachtet.“

Eichhörnchen mit Lepra

Karen van den Zijde

Eichhörnchen mit Anzeichen von Lepra an Schnauze und Ohr

Die Studie zeige, dass ein Erreger jahrhundertelang unbemerkt in der Natur überdauern kann. Der nächste logische Schritt nach dieser Studie wäre, auch den Bestand roter Eichhörnchen außerhalb der britischen Inseln zu untersuchen.

Für die Bevölkerung sehen die Forschenden allerdings keine spezielle Gefahr: „Selbst wenn es den Lepra-Erreger in den roten Eichhörnchen Kontinentaleuropas gibt, ist das Risiko der Übertragung auf den Menschen generell gering“, betont Koautor Andrej Benjak. Grund sei der geringe Kontakt zwischen Mensch und Eichhörnchen und dass die Jagd auf diese Tiere in den meisten europäischen Ländern verboten sei.

Art bedroht

Auch in Großbritannien hat es laut den Forschern seit Jahrzehnten keine Lepra-Infektion mehr gegeben. Gänzlich ausschließen könne man aber nicht, dass es seltene, nicht gemeldete oder fehldiagnostizierte Fälle gab, die in Großbritannien ihren Ursprung nahmen. Die Erfassung von Lepra-Fällen durch das offizielle Programm der Weltgesundheitsorganisation sollte intensiviert werden, schlägt der Forscher vor.

Die Entdeckung von Lepra in den britischen roten Eichhörnchen sei allerdings besorgniserregend aus Sicht des Artenschutzes. Das rote Eichhörnchen ist in Großbritannien besonders durch die zunehmende Verbreitung des amerikanischen Grauhörnchens in Bedrängnis.

„Wir müssen verstehen, wie und warum die Krankheit die roten Eichhörnchen befällt und sich unter ihnen verbreitet“, sagte Meredith. So ließe sich die Krankheit hoffentlich besser im Zaum halten.

science.ORF.at/APA/sda

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