Wie eine „Wiener Mikrobe“ ihre Energie bezieht

Arten, die Wien in ihrem Namen tragen, gibt es nicht allzu viele. Eine Ausnahme ist „Nitrosphaera viennensis“, ein in Wien entdecktes Mikrolebewesen. Eine neue Studie zeigt, wie sein Energiestoffwechsel funktioniert.

„Nitrosphaera viennensis“ gehört zu den Archaeen. Diese zählen zu den ältesten Lebewesen der Erde und spielen eine bedeutende Rolle in den großen Stoffkreisläufen. Sie zersetzen organisches Material und machen damit Kohlenstoff und Stickstoff wieder verfügbar.

Ammoniak als Treibstoff

Lange dachte man, dass Archaeen nur in extremen Lebensräumen, etwa bei heißen Quellen am Meeresgrund, vorkommen. Erst vor rund zehn Jahren fanden Wissenschaftler heraus, dass einige von ihnen in großer Zahl im Meer, aber auch in Böden und Seen vorkommen.

Diese Mikroorganismen verwenden Ammoniak gleichsam als Treibstoff, indem sie es zu Nitrit oxidieren, also verbrennen. Andere Mikroorganismen verarbeiten das Nitrit weiter, bis schließlich molekularer Stickstoff zurück in die Atmosphäre gelangt.

2011 gelang es der Biologin Christa Schleper von der Universität Wien, das erste Ammoniak oxidierende Archaeon in Reinkultur zu isolieren und seine Aktivität nachzuweisen. Die Mikroorganismen stammten aus dem Garten des Universitätszentrums Althanstraße in Wien-Alsergrund und erhielten aufgrund ihrer Form und Herkunft den Namen „Nitrosphaera viennensis“, der „sphärische Ammoniakoxidierer aus Wien“.

Die Biologin Christa Schleper steht im Labor

Universität Wien

Christa Schleper im Labor

Energiestoffwechsel auf der Spur

Dies war die Voraussetzung dafür, nicht nur die Gene, sondern auch die Proteine eines im Boden lebenden, sich von Ammoniak ernährenden Archaeons im Detail zu untersuchen. Sobald die Wissenschaftler genügend große Kulturen gezüchtet hatten, konnten sie erstmalig erforschen, welche Gene von „Nitrosphaera viennensis“ in allen Arten ihres Stamms vorkommen und welche davon während der Ammoniak-Oxidation aktiv sind.

„Unsere Studie erlaubt es, Hypothesen über den Prozess der Ammoniak-Oxidation aufzustellen und in der Folge experimentell zu überprüfen“, erklärte Schleper in einer Aussendung der Uni. Dies soll helfen, den grundlegenden Energiestoffwechsel dieser zu den häufigsten Mikroorganismen auf unserem Planeten gehörenden Archaeen aufzuklären.

Die neue Studie lieferte auch Hinweise auf die besondere Anpassungsfähigkeit der im Boden lebenden Vertreter der Archaeen, etwa ihre Fähigkeiten, Biofilme zu bilden oder mit anderen Mikroorganismen zu interagieren.

science.ORF.at/APA

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