Sexisten sind depressiver als andere

Männer, die sich selbst als Playboys und Frauen gegenüber als überlegen betrachten, neigen eher zu psychischen Problemen. Das zeigt eine neue Studie mit knapp 20.000 Teilnehmern.

Genauer gesagt handelt es sich um eine Meta-Analyse: Der Psychologe Y. Joel Wong von der Indiana University Bloomington und sein Team haben 78 Studien nach dem Zusammenhang von psychischer Gesundheit und der Neigung zu streng maskulinen Normen untersucht.

Grundlage dafür ist ein Test, den Psychologen 2003 für die Beurteilung von Männlichkeit entwickelt haben. Elf Normen werden in dem Test untersucht, darunter Risikobereitschaft, Gewalt, Playboy-Haftigkeit, Verachtung von Homosexualität sowie Wichtigkeit von Arbeit und Status.

Gehen auch seltener zum Arzt – oder zur Ärztin

„Generell“, so Wong in einer Aussendung der US-Psychologenvereinigung, „tendieren Männer mit streng maskulinen Normen zu einer schlechteren seelischen Gesundheit.“ Das gelte besonders für drei Eigenschaften: Wer sich als Playboy einschätzt, als besonders unabhängig von anderen oder wer „Macht über Frauen“ zu besitzen glaubt, dem geht es der Studie zufolge besonders schlecht. Entsprechende Männer neigen eher zu Depressionen, Stress, Drogenmissbrauch und anderen psychischen Beschwerden.

Erschwerend kommt hinzu, dass diese Gefährdeten seltener ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen als andere Männer – offenbar weil dies ihrem Selbstbild widerspricht. „Sexismus ist nicht nur eine soziale Ungerechtigkeit, sondern kann sich auch auf die Gesundheit von jenen auswirken, die ihn vertreten“, fasst es Wong zusammen. Ein möglicher Mechanismus: Wer Frauen besonders sexistisch gegenübertritt, hat größere Probleme eine Partnerin zu finden – und das kann in Folge zu den seelischen Beschwerden führen.

Einschränkungen der Studie

Letzteres ist aber bereits Interpretation: Denn wie die Forscher selbst betonen, handelt es sich bei ihren Aussagen um Zusammenhänge und nicht um Ursachen und Wirkungen. Psychische Erkrankungen könnten also eher zu sexistischen Ansichten führen – oder umgekehrt. Eine weitere Einschränkung der Studie: Teilnehmer waren in erster Linie mittelalte US-amerikanische Männer. Wie Sexismus und psychische Gesundheit bei Frauen oder in anderen Kulturen zusammenhängen – darüber kann die Studie keine Auskunft geben.

Und auch der grundlegende Test ist fragwürdig: Denn er liefert nur die Selbsteinschätzung von Männern. Da dabei oft sozial erwünschte Antworten herauskommen, kann es sein, dass der gezeigte Zusammenhang gar nichts mit dem echten Verhalten von Männern zu tun hat, sondern mit ihrer eigenen Wunschvorstellung – etwa ein Playboy zu sein.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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