Keine Wahlmanipulation in den USA

Ist die US-Präsidentschaftswahl manipuliert worden, wie Experten zuletzt gemutmaßt haben? Gar von russischen Hackern? Nein, sagen Wiener Statistiker. Donald Trumps Sieg lag nicht an Hackern, sondern an weniger gebildeten Wählern bestimmter Bezirke.

Die Vorgeschichte: Eine Gruppe prominenter Computerexperten und Anwälte hatte Hillary Clinton diese Woche geraten, eine Neuauszählung der Stimmen in drei besonders umstrittenen Bundesstaaten zu beantragen. Wie das „New York Magazine“ als erstes berichtete, hätten sie Hinweise auf unerklärliche Verteilungen von Wahlstimmen in Wisconsin, Michigan und Pennsylvania gefunden.

Auffällige sieben Prozent Unterschied

Hillary Clinton hat dort in Wahlbezirken, in denen per Computer abgestimmt wurde, um sieben Prozent weniger Stimmen erhalten als in Bezirken, bei denen auf Paper gewählt wurde. Würde die Verteilung überall gleich sein, so hätte Clinton bei den sehr knappen Rückständen gegenüber Trump, noch eine Chance auf Platz eins – und könnte damit im Extremfall sogar noch das Wahlergebnis umdrehen.

Ö1 Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 25.11., 13:55 Uhr.

Besonders eng ist das Ergebnis im Bundesstaat Michigan, wo der Unterschied zwischen den beiden Kandidaten nur knapp 12.000 Stimmen beträgt. Ob es in Michigan tatsächlich Manipulationen gegeben hat, die sich statistisch beweisen lassen, haben nun Wiener Forscher untersucht. Und zwar absolute Experten auf dem Gebiet: Die Gruppe von der Komplexitätsforschung an der Meduni Wien hat vor einigen Jahren etwa bewiesen, dass die Wahl der russischen Duma 2011 gefälscht worden ist.

Eine Frage des Bildungsniveaus

Nun haben sie sich der „Frage Michigan“ angenommen. Ergebnis: „Aus statistischer Sicht sind hier keine Unregelmäßigkeiten aufgetreten, die darauf schließen lassen, dass es eine Manipulation gegeben hat“, so Peter Klimek.

Woher kommen dann die sieben Prozent Unterschied zwischen den Computer-Bezirken und den Stimmzettel-Bezirken? Von den unterschiedlichen Eigenschaften der Wahlbevölkerung, sagt der Statistiker gegenüber science.ORF.at. Das Bildungsniveau in den „elektronischen Bezirken“ ist geringer als in den anderen – und Menschen mit weniger Bildung haben eher Donald Trump gewählt.

„Unsere Analysen zeigen, dass es in Bezirken mit elektronischer Stimmenabgabe mehr Stimmen für Donald Trump gegeben hat. Das korreliert mit dem Umstand, dass es dort auch eine geringere Anzahl an Collegeabschlüssen gibt.“

Ein „Phantomeffekt“

Bei den Unterschieden zwischen elektronischer und papierener Stimmabgabe hat es sich um einen „Phantomeffekt“ gehandelt, sagt der Statistiker. Dahinter sei das Bildungsniveau gestanden. Wenn man dieses miteinbezieht, dann verschwinden die Unterschiede – darauf hat zuvor schon die renommierte Wahlanalyse-Seite „FiveThirtyEight“ aufmerksam gemacht.

Es ist deshalb sehr unwahrscheinlich, sagt Peter Klimek, dass es bei der US-Wahl zum sogenannten Ballot-Stuffing gekommen ist: also wenn einem Kandidaten systematisch Stimmen zugeschoben werden. Komplette Entwarnung bedeutet das aber nicht, so Klimek. „Es gibt ein weites Spektrum von Arten der Wahlmanipulation, über die wir keine Aussage machen können.“

Sollte Clinton doch noch Einspruch erheben wollen, ist die Zeit knapp. Die Einspruchsfrist in Wisconsin läuft am Freitag aus, jene in Michigan am Mittwoch.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

Mehr zu diesem Thema: