Pflanzen, die wiederauferstehen

Es gibt Pflanzen, die monatelange Dürren überstehen. Kommt der Regen, erwachen sie zu neuem Leben. Diesen Mechanismus möchte die Pflanzengenetikerin Jill Farrant auch in Getreiden aktivieren, um die Landwirtschaft für den Klimawandel zu rüsten.

„Wiederauferstehungspflanzen“ schauen auf den ersten Blick tot aus. Bekommen sie längere Zeit kein Wasser, dann trocknen sie ein, ihre Blätter werden braun und ihre Äste schlapp. Doch die „resurrection plants“, wie sie eigentlich heißen, tun nur so als ob. Ist die Dürre vorbei, richten sie sich innerhalb weniger Stunden auf, und grüne Blättchen beginnen zu sprießen.

Jill Farrant

Wolfgang Sabitzer/GMI

Vergangenen Mittwoch feierte das Gregor Mendel Institut für molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sein 15-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass war die südafrikanische Pflanzengenetikerin Jill Farrant als Festrednerin zu Gast in Wien.

Diese Pflanzen haben die Fähigkeit, 95 Prozent ihres Wasseranteils zu verlieren und trotzdem zu überleben. Prinzipiell gebe es diesen Mechanismus auch bei anderen Pflanzen, sagt Jill Farrant, Pflanzengenetikerin an der Universität Kaptstadt. Doch hier beschränke sich diese Auferstehungsstrategie auf die Samen. Die können jahrelang in getrockneter Form überleben und dann, wenn sie eingepflanzt werden und Wasser bekommen, wieder austreiben.

Bei den „resurrection plants“ kann das die ganze, ausgewachsene Pflanze - doch es gibt nur um die 135 Arten weltweit, die dazu in der Lage sind. Jill Farrants Forschungsziel ist, diesen „Auferstehungsmechanismus“ auch in anderen Pflanzen zu aktivieren: in Getreiden, Gemüsen und Hülsenfrüchten. Dafür hat sie das Genom einer solchen „resurrection plant“ analysiert. Die entsprechende Studie wird demnächst im Fachjournal „Nature plants“ erscheinen.

Verantwortliche Gene sind ident

„Diese Modellpflanze hat uns gezeigt, dass ‚resurrection plants‘ jene Gene aktivieren, die auch getrocknete Samen überleben lassen, aber sie tun es in ihren Wurzeln und Blättern“, erläutert Farrant. Um diesen Mechanismus genauer zu verstehen, hat die Pflanzengenetikerin auch den Prozess der Photosynthese bei diesen dürreresistenten Gewächsen genauer analyisert.

Insgesamt sei die Photosynthese der wichtigste chemische Prozess für die Nahrungsmittelproduktion auf unserem Planeten. Denn abgesehen von einigen Bakterien seien nur Pflanzen dazu in der Lage, mit Hilfe der Energie des Sonnenlichts aus Kohlendioxid und Wasser Kohlenhydrate herzustellen und so zu wachsen. „Und die Forschung konnte erst vor Kurzem zeigen, dass bei dem ersten Umwandlungsschritt, wenn das Chlorophyl die Lichtenergie an das Wasser weitergibt, in den Pflanzen selbst enorm viel Energie freigesetzt wird“, so Farrant weiter.

Jill Farrant beim Vortrag am GMI

Wolfgang Sabitzer/GMI

Jill Farrant beim Vortrag am GMI

Schutz vor Sonne und freien Radikalen

Dieser erste Energietransfer kann die Zellen angreifen und die Pflanze nachhaltig beschädigen. Eine Pflanze, die ohnehin ausgetrocknet ist, würde dieser Prozess abtöten, denn es würden zu viele freie Radikale und andere schädliche Moleküle entstehen. „Das ist auch ein Grund dafür, warum viele Getreide oder Hülsenfrüchte bei Dürren absterben. Sie verkraften die Photosynthese schlicht nicht mehr“, erläutert Jill Farrant.

Ö1 Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 2.12., 13:55 Uhr.

Die „resurrection plants“ schützen sich vor diesen gefährlichen Folgen der Photosynthese. Sie können einen Sonnenschutz aktivieren, sie zerlegen die schädlichen Moleküle und produzieren Antioxidantien, die die freien Radikale abwehren. So minimieren sie die Schäden, die in der Trockenperiode entstehen. Gibt es wieder Wasser, dann werfen sie die Photosynthese wieder voll an und fahren die Schutzmechanismen zurück.

Fünf Jahre bis zum dürreresistenten Getreide

Nachdem Jill Farrant mittlerweile die Gene identifiziert hat, die den Überlebens- bzw. Auferstehungsmechanismus bei „resurrection plants“ in Gang setzen, will sie das nun auch bei einer herkömmlichen Getreidepflanze tun. Doch noch scheitere das Projekt an der Finanzierung, sagt sie: „Wenn wir die Finanzierung bekommen, dann wird es noch fünf Jahre dauern, bis wir ein Getreide haben, das eine Dürre überstehen kann, zumindest im Labor.“

Ist das einmal gelungen, dann möchte die Pflanzengenetikerin auch Hülsenfrüchte oder Gemüse genetisch umprogrammieren. Denn die Nahrungsmittelsicherheit in trockenen Regionen könne nur dann langfristig gegeben sein, wenn der Bevölkerung verschiedene Nährstoffe zur Verfügung stehen, nicht nur Kohlehydrate. Die Fehler der „Grünen Revolution“, die sich nur auf wenige ertragreiche Sorten konzentriert hatte, wolle man nicht wiederholen.

Solche dürreresistenten Feldpflanzen brauche es vor allem in Ländern wie ihrer Heimat Südafrika, sagt Jill Farrant. Denn schreitet der Klimawandel unverändert fort, wird es dort im Jahr 2050 laut Prognosen eine Wüste geben.

Marlene Nowotny, Ö1 Wissenschaft

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