Alterung ist umkehrbar

Bringt diese Entdeckung die ewige Jugend? Wissenschaftlern ist es gelungen, die biologische Uhr von menschlichen Zellen und Mäusen zurückzudrehen: Den entscheidenden Trick haben sie sich bei Stammzellenforschern „ausgeborgt“.

2006 brach der japanische Stammzellenforscher Shinya Yamanaka ein Dogma. Er wies nach, dass die Entwicklung von Organen keine Einbahnstraße ist. Erwachsene Körperzellen lassen sich, wie man seitdem weiß, durch die Regulierung von nur vier Genen in Stammzellen verwandeln. Diese „induzierten pluripotenten Stammzellen“, wie sie im Fachjargon heißen, lösten einen wahren Forschungsboom aus - der sechs Jahre später auch offiziell belohnt wurde: 2012 erhielt Yamanaka gemeinsam mit dem Briten John Gurdon den Nobelpreis für Medizin.

Erfolgreiche Verjüngungskur

Von der Öffnung einer vermeintlichen Einbahnstraße berichten nun auch Forscher um Juan Carlos Izpisua Belmonte im Fachblatt „Cell“. „Wir zeigen, dass der Alterungsprozess nicht nur in eine Richtung verläuft“, sagt Belmonte. „Das Altern ist formbar und - mit vorsichtiger Modulierung - sogar umkehrbar.“

Ausgangspunkt der Untersuchung war die Beobachtung, dass Zellen, die mit der Yamanaka-Methode manipuliert wurden, schon nach kurzer Zeit jünger aussehen. Die Wissenschaftler vom kalifornischen Salk Institute wiesen nach, dass man diesen Effekt tatsächlich für die zielgerichtete Verjüngung einsetzen kann.

Die Behandlung machte nicht nur menschliche Zellen mit Anzeichen der Alterungskrankheit Progerie wieder jugendlicher, sie funktionierte sogar bei Mäusen - mit und ohne Progerie. Erstere lebten nach entsprechender Behandlung 30 Prozent länger, letztere hatten eine deutlich verbesserte Organheilung, etwa in Muskeln oder der Bauchspeicheldrüse.

Spiel mit dem Feuer

Die Methode ist in zweifacher Hinsicht ein Spiel mit dem Feuer. Erstens, weil die Behandlung, sofern man die Dosis hoch einstellt, die Zellen in einen quasiembryonalen Zustand versetzt und auf diese Weise die Integrität der Organe zu zerstören droht. Und zweitens, weil sie - ebenfalls bei Fehldosierung - die Teilungsrate der Zellen in die Höhe schrauben kann und Gefahr läuft, das Gewebe in einen Tumor zu verwandeln.

Beide Probleme haben die Forscher zumindest im Modellversuch in den Griff bekommen. Bis zu einer medizinischen Anwendung ist es freilich noch ein weiter Weg. „Mäuse sind keine Menschen. Wir wissen, dass es deutlich schwieriger wäre, einen Menschen zu verjüngen“, sagt Belmonte. Aber unmöglich, betont der spanische Stammzellenforscher, sei es im Licht der neuen Ergebnisse nicht.

Robert Czepel, science.ORF.at

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